Hand Pflege - © Foto: Pixabay

Altersarmut: Frauen machen zuwenig Eigenvorsorge

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Die Bekämpfung der Altersarmut von Frauen bedarf keiner generellen Umstellung unseres Pensionssystems.

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Die Bekämpfung der Altersarmut von Frauen bedarf keiner generellen Umstellung unseres Pensionssystems.

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Eine Eigenpension für jede Frau: Diese Forderung klingt auf den ersten Blick populär. Sie suggeriert, dass Frauen in unserem Pensionssystem diskriminiert werden. Aber entgegen dieser verbreiteten Meinung, ist unser Pensionsversicherungssystem im Grunde geschlechtsneutral. Frauen werden im PV-System nicht diskriminiert; im Gegenteil: Frauen sind privilegiert, weil * ihre höhere Lebenserwartung nicht berücksichtigt wird, * sie trotzdem fünf Jahre früher in Pension gehen können, * sie Witwenpensionen ohne Beitragsleistung erhalten und * sie überproportional Ausgleichszulagen beziehen.

Grob geschätzt machen diese Frauenprivilegien im Jahre mehr als 60 Milliarden Schilling aus. Die Behauptung einer Frauendiskriminierung im PV-System stützt sich auf die Tatsache, dass Frauenpensionen deutlich niedriger als Männerpensionen sind. Die Ursachen liegen aber nicht im PV-System, sondern * Frauen gehen früher in Pension. Ohne dieses niedrigere Frauenpensionsalter wäre die Pension um circa 15 Prozent höher.

* Frauen haben Versicherungslücken, die allerdings immer kleiner werden.

* Frauen arbeiten wesentlich öfter nur Teilzeit.

* Frauen arbeiten oft in strukturschwachen Bereichen, die geringere Entlohnung bieten. Außerdem spiegelt das Pensionssystem die Arbeitsverhältnisse der Vergangenheit wieder. Bei den Neupensionen holen die Frauenpensionen stark auf.

Aber die Gegenüberstellung Männer/Frauenpensionen ist nur eine Seite der politischen Agitation. In unserem PV-System ist zwar Mann gleich Mann, aber Frau ist nicht gleich Frau. In der Alterssicherung klaffen die Lebensbiographien von Frauen weit auseinander. Die Lebensbiographie einer Singlefrau unterscheidet sich eben von einer verheirateten Frau mit Kindern oder einer Alleinerzieherin.

Was gerne übersehen wird: Die österreichische PV ist eine Versicherung. Als solche hat sie die Aufgabe, für entsprechende Beiträge adäquate (Pensions)leistungen zu bieten. Die PV wäre überfordert, wen man verlangt, dass entgegen diesem Versicherungsprinzip die PV eine Art von gesellschaftlichem Ausgleich durchführen soll. Das ist Aufgabe der Sozialpolitik.

Das eigentliche Problem sind die geschiedenen Frauen. Sie stellen das Gros jener Frauen, die im Alter überhaupt nicht oder vollkommen ungenügend abgesichert sind. Die zunehmende Scheidungsrate in den letzten Jahren hat diese Problematik besonders hervortreten lassen. Fast noch wichtiger als die volle Anrechnung der Kindererziehungszeiten ist darum der sogenannte Versorgungsausgleich, denn die häufigste Ursache der Altersarmut von Frauen ist Scheidung, besonders in höherem Alter bei Nichtberufstätigkeit. Im Fall einer Scheidung, wenn eine Frau nicht erwerbstätig war, soll sie (ob schuldhaft oder nicht) einen Ausgleich erhalten. Die Anwartschaften des Partners während der Nichterwerbstätigkeit sollen - wie im deutschen System seit 1976 möglich - halbiert und dem Partner gutgeschrieben werden. Der dadurch belastete Partner soll aber die fehlenden Zeiten für sich oder den Partner nachkaufen können. Sicher eine Aufgabe der Pensionsreformkommission.

Die Bekämpfung der Altersarmut von Frauen bedarf keiner generellen Umstellung in unserem PV-System. Systemkonforme Maßnahmen wären ausreichend. Alle Faktoren, die zu niedrigeren Frauenpensionen führen, können durch Eigenvorsorge - und zwar wesentlich preiswerter(!) als im PV-System - über Pensionskassen oder Lebensversicherungen ausgeglichen werden. Und nicht alle Frauen verdienen so wenig, dass sie dazu nicht in der Lage wären. Es ist eher so, dass die meisten Frauen die Notwendigkeit einer entsprechenden Eigenvorsorge als Problem noch nicht erkannt haben.

Der Autor ist Professor am Institut für Sozialforschung.

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