"Hinter der Mauer stehen 160.000 Soldaten“

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Polisario-Botschafterin Nadjat Hamdi kommt so oft wie möglich zu Besuch. Sie war selbst als Kind im Sommer in Portugal und Frankreich.

DIE FURCHE: Wie ist die Ferienaktion für die SahrauiKinder entstanden?

Nadjat Hamdi: Am Anfang waren es ganz kleine Gruppen: Wir verschickten Kinder mit gesundheitlichen Problemen, die eine Behandlung im Ausland brauchten, besonders gute Schüler, die belohnt wurden, und Waisenkinder oder Kinder mit anderen familiären Problemen. Später gab es mehr Einladungen und nach dem Krieg, ab 1992, wurden Kinder klassenweise verschickt. Seit drei Jahren sind es wieder weniger: wegen der Krise. Wenn es den Menschen in Spanien schlecht geht, geht es auch den Menschen in den Lagern schlecht. Die meiste Unterstützung kommt aus Spanien, auch Nahrungsmittel.

DIE FURCHE: Die meisten Menschen in den Flüchtlingslagern haben ihr Land nie gesehen. Ist man in den letzten Jahren einer Lösung nähergekommen?

Hamdi: Das mag ich bezweifeln. In den Verhandlungen herrscht Stillstand. Marokko hat zuletzt die Zusammenarbeit mit dem UNO-Sonderbeaufragten Christopher Ross abgelehnt. Er soll in seinem jüngsten Bericht an den Sicherheitsrat parteiisch gewesen sein. Er hat die Menschenrechtssituation deutlicher beschrieben und er hat einen Besuch in der Westsahara geplant. Das hat Marokko nicht gefallen.

DIE FURCHE: Immerhin hat die EU das Fischereiabkommen mit Marokko nicht verlängert, weil es keine Garantie gibt, dass der Fisch nicht aus sahrauischen Gewässern stammt.

Hamdi: Ja, das wurde im Dezember 2011 von einer Mehrheit im Europaparlament abgelehnt. Aber keiner kann den Marokkanern effektiv verbieten, in unseren Gewässern zu fischen. Sie beuten alle unsere Ressourcen aus. Außerdem werden Spanien und Frankreich - die besten Verbündeten Marokkos - bilaterale Abkommen machen.

DIE FURCHE: In der Polisario wird angesichts der Stagnation immer wieder von einer Rückkehr zum Krieg gesprochen. Dann würde der vergessene Konflikt wieder wahrgenommen werden.

Hamdi: Auf dem Polisario-Kongress im vergangenen Dezember haben wir tagelang darüber diskutiert. Viele junge Stimmen aber auch viele Militärs waren dafür. Man kann ja nicht einfach auf Verhandlungen warten, die nichts bringen. Niemand mag den Krieg, aber es bietet sich keine Alternative. Auch in Marokko rechnet man damit, dass wieder gekämpft wird. In den letzten Jahren wurden Flugzeuge, Panzer und andere Waffen aus Frankreich, Spanien und den USA gekauft. Hinter der Mauer, die das besetzte Gebiet abtrennt, stehen 160.000 marokkanische Soldaten.

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