Leihmutterschaft - © Foto: iStock / RealPeopleGroup

Leihmutterschaft: Reproduktion als Arbeit

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In Österreich ist Leihmutterschaft verboten. Welche Schritte bräuchte es aus globaler Perspektive im Umgang mit diesem Phänomen? Die FURCHE hat Expertinnen um ihrer Meinung gebeten. Die Politologin Lisa-Maria Hiebl-Rausch plädiert für einen Diskurs hin zur globalen Anerkennung von Leihmutterschaft als einer Form von Arbeit.

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In Österreich ist Leihmutterschaft verboten. Welche Schritte bräuchte es aus globaler Perspektive im Umgang mit diesem Phänomen? Die FURCHE hat Expertinnen um ihrer Meinung gebeten. Die Politologin Lisa-Maria Hiebl-Rausch plädiert für einen Diskurs hin zur globalen Anerkennung von Leihmutterschaft als einer Form von Arbeit.

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Leihmutterschaft ist eine ethisch komplexe Problematik. Das zeigt ein Blick nach Indien: Mit dem Aufkommen einer regelrechten Leihmutterschaftsindustrie wuchs dort zugleich die Besorgnis über Kolonialisierung und Ausbeutung der indischen Frauen und ihrer Körper. Problematisch am indischen Modell war das Fehlen von jeglichen Regulierungen, was prekäre Arbeitsbedingungen mit sich brachte. Die Frauen wurden von den Kliniken ausgenutzt und zu untergeordneten Arbeiterinnen gemacht, die im Verhältnis zu den körperlichen und psychischen Risiken, die Leihmutterschaft mit sich bringt, nur sehr gering entschädigt wurden.

Die neokoloniale Ausbeutung wird gerade hier offensichtlich, wenn arme indische Frauen aus ökonomischer Notwendigkeit dazu gedrängt werden, sich für den Weltmarkt und die überwiegend westlichen Auftragseltern zu reproduzieren. Es sind nämlich vor allem Frauen aus niedrigen sozialen Schichten, mit wenig Bildung und schlechten ökonomischen Perspektiven, die als Leihmütter arbeiten.

Das Befürworten dieser inhumanen, unfairen Praxis fällt schwer, dennoch stellt sich die Frage ob das schließlich 2016 in Indien verhängte Verbot kommerzieller Leihmutterschaft den Frauen wirklich hilft.

Illegalität und noch größere Armut

Die indische Wissenschaftlerin und Frauenrechtlerin Amrita Pande kommt aufgrund von empirischen Studien mit indischen Leihmüttern zu dem Schluss, dass das Leihmutter-Geschäft mit dem Verbot nur in den Untergrund gedrängt wurde – und die Leihmütter in die Illegalität bzw. noch größere Armut. Zudem werden neue Märkte in anderen asiatischen Ländern erschlossen, in denen es keinerlei Kontrolle und Rechte für Leihmütter gibt. Für viele Frauen trägt die Tätigkeit als Leihmutter überdies zur erheblichen Verbesserung ­ihrer Lebensverhältnisse bei, da sie Arbeit finden, die ihnen auf dem gewöhnlichen Arbeitsmarkt verwehrt bleibt.

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