Gekaufte Gebärmütter und die teure Ware Kind

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Leihmutterschaft macht Frauen und Kinder zur Ware. Kritikerinnen und Kritiker fordern deshalb ein internationales Verbot - während viele Feministinnen schweigen.

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Leihmutterschaft macht Frauen und Kinder zur Ware. Kritikerinnen und Kritiker fordern deshalb ein internationales Verbot - während viele Feministinnen schweigen.

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Dass eine Frau für jemand anderen ein Baby austrägt, dass sie gegen Geld die Strapazen einer Schwangerschaft auf sich nimmt und das Kind in sich wachsen spürt, nur um es gleich nach der Geburt wieder wegzugeben - das ist in Österreich verboten. Dennoch wird es von österreichischen Staatsbürgerinnen und -bürgern gemacht - in den USA wie in Indien, in der Ukraine wie in Russland. Im Zuge ihrer Recherchen für das Buch "Kind auf Bestellung" hat die Journalistin Eva Maria Bachinger ein schwules Paar aus Wien getroffen und die Geschichte ihrer Elternwerdung nachgezeichnet: wie sehr sich die beiden eine "traditionelle Familie" wünschten; wie sie zuerst an ein lesbisches Paar oder eine alleinstehende Frau als Partnerin dachten, aber den daraus entstehenden Einfluss fürchteten; wie sie erschüttert waren, als Indien - eine globale Hochburg der Leihmutterschaft - diese Methode 2012 für schwule Paare und Singles verbot; wie sie auf das "Flatrate-Programm" eines russischen Mediziners einstiegen, obwohl es noch immer teurer war als in der Ukraine; wie nach zwei Jahren, mehreren Eizellspenderinnen und zwei Leihmüttern endlich Olga, selbst Mutter eines kleinen Sohnes, schwanger wurde; und wie sie in der 37. Woche nach Prag flog und dort einen Buben bekam, für den seine künftigen Väter in der österreichischen Botschaft prompt einen Pass bekamen. Wieviel Olga für ihren Dienst bekam, verriet sie nicht.

Der weltweite Umsatz bei Leihmutterschaft bewegt sich nach Schätzungen um die vier Milliarden US-Dollar. Wobei die Preisunterschiede beträchtlich sind, wie Bachinger recherchiert hat: "20.000 bis 30.000 Dollar kostet das gesamte Programm in Indien, in den USA muss man mit bis zu 150.000 US-Dollar rechnen. Die Leihmutter bekommt davon einen marginalen Anteil."

Angesichts dieses boomenden Marktes, der nur durch die große Kluft zwischen Arm und Reich funktioniert und Frauen wie Kinder zu Waren macht, wird immer öfter ein internationales Verbot von Leihmutterschaft gefordert.

Das EU-Parlament hat etwa im vergangenen Dezember die Praxis der Leihmutterschaft als "gegen die Menschenwürde von Frauen gerichtet" verurteilt. Sehr zur Freude von Alfred Trendl, Präsident des Katholischen Familienverbandes Österreich. In Artikel 35 der Kinderrechtskonvention heiße es schließlich auch, dass "Kinder ein Recht haben, nicht zu irgendeinem Zweck verkauft oder gehandelt zu werden." Die Eizellspende öffne jedoch der weiteren Kommerzialisierung der "Ware Kind" Tür und Tor. Zudem bestünde die Gefahr, dass ein schwules Paar angesichts der Zulassung von Eizellspende rechtlich klagen könnte, dass es wegen seiner sexuellen Orientierung von der medizinisch unterstützten Fortpflanzung ausgeschlossen und deshalb diskriminiert werde, befürchtet die Plattform "kinderbekommen.at". Angesichts dieser drohenden Entwicklung Richtung Leihmutterschaft, die nach Ansicht von "Aktion Leben Österreich" eine "Versklavung von Frauen" und einen "Betrug an den Kindern" darstelle, fordert man ein Verbot dieser Technik in der Verfassung.

Selbstbestimmung - aber für wen?

Mit Sorge betrachtet man indes die internationalen Entwicklungen, etwa im Europarat in Straßburg. Dort sollte bereits in der Winter-Session von 25. bis 29. Jänner eine Debatte zu einem Bericht über "Menschenrechte und ethische Fragen der Leihmutterschaft" auf der Tagesordnung stehen -verfasst von der belgischen Senatorin Petra de Sutter, selbst Vorsitzende der Abteilung für reproduktive Medizin an der Universität Gent, wo Leihmutterschaft praktiziert wird. Vor kurzem wurde diese Debatte auf die Frühjahrs-Sitzung von 18. bis 22. April verschoben.

Sehr zur Freude des französischen Vereins "CoRP", der es sich bei seiner Tagung am 2. Februar in Paris zum Ziel gesetzt hat, die "universelle Abschaffung der Leihmutterschaft" zu erreichen. Mit dabei nicht nur Alice Schwarzer, sondern auch Eva Maria Bachinger. Dass sich viele Feministinnen angesichts der Entwicklungen in der globalen "Fruchtbarkeitsindustrie" auffällig schweigen, empört sie: Im Sinne der reproduktiven Selbstbestimmung scheine das Ziel bereits festzustehen, so Bachinger, nämlich die Freigabe der Leihmutterschaft. "Die legitime Frage, wo die Selbstbestimmung von Eizellspenderinnen und Leihmüttern bleibt, bleibt außen vor."

Globales Geschäft

Die meisten Staaten verbieten Leihmutterschaft, vor allem in ihrer kommerziellen Form. Australien hat etwa eine "altruistische" Variante zugelassen, angesichts mangelnder Frauen, die dazu bereit sind, fordert man nun eine finanzielle Entschädigung.

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