Überraschende Umwälzung nach 22 Jahren

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Seit Jahren wird über eine Novelle des österreichischen Fortpflanzungsmedizingesetzes aus dem Jahr 1992 diskutiert. Die Bioethikkommission hat zuletzt 2012 mehrheitlich für eine Liberalisierung plädiert (sechs Mitglieder sprachen sich dafür aus, den restriktiven Status quo beizubehalten). Der nun vorliegende Gesetzes-entwurf orientiert sich weitgehend am damaligen Mehrheitsvotum.

• Anders als bisher sollen künftig auch lesbische Paare Zugang zur Reproduktionsmedizin erhalten. Voraussetzung ist eine Lebenspartnerschaft. Eine Ehe oder Eingetragene Partnerschaft ist nicht nötig.

• Bisher durfte bei einer In-vitro-Fertilisation (IVF) nur der Samen des Lebenspartners verwendet werden. Die Verwendung von Fremdsamen war nur bei der "Insemination“ im Körper der Frau erlaubt. Laut Entwurf soll künftig der Samen Dritter auch bei der IVF verwendet werden können.

• Auch die Eizellspende soll künftig in Österreich - anders als in Deutschland und der Schweiz - erlaubt werden. Die Spenderin darf dabei nicht älter als 30 Jahre sein, die Empfängerin nicht alter als 45 Jahre. Das daraus geborene Kind hat (wie bei der Samenspende) das Recht, mit 14 Jahren Einsicht in die Aufzeichnungen zu nehmen.

• Schließlich soll gemäß des vorliegenden Textes auch die "Präimplantationsdiagnostik“, also die genetische Testung von in vitro befruchteten Embryonen, zugelassen werden: konkret dann, wenn die Frau "nach drei oder mehr Anwendungen einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung“ nicht schwanger wurde, wenn sie zumindest drei Fehl- oder Totgeburten hatte oder wenn die Gefahr besteht, dass es auf Grund der genetischen Disposition eines Elternteils zu einer Fehl- oder Totgeburt oder zu einer Erbkrankheit des Kindes kommt.

• Die Spende von überzähligen, tiefgefrorenen Embryonen an ungewollt kinderlose Paare ("Embryonenspende“), wie sie etwa in Deutschland erlaubt wird, ist im vorliegenden Entwurf nicht vorgesehen.

• Verboten bleiben soll in Österreich die Leihmutterschaft, also das Austragen eines Kindes durch eine fremde Frau. Auch alleinstehenden Personen soll der Zugang zu Samen- oder Eizellenspende verwehrt bleiben. Nicht zuletzt sollen (heterosexuelle) Paare auch weiterhin erst dann künstlich assistierte Fortpflanzung in Anspruch nehmen dürfen, wenn alle anderen Behandlungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft durch Geschlechtsverkehr erfolglos waren.

Detail am Rande: Dieser Passus wurde unter anderem vom Verfassungsgerichtshof gekippt und tritt Ende 2014 außer Kraft. Nachdem das neue Gesetz (in dem diese Restriktion wieder geplant ist) erst ab April 2015 gelten soll, müssten Paare drei Monate lang nicht nachweisen, dass sie alle alternativen Wege Richtung Schwangerschaft beschritten haben. Danach schon wieder. (dh)

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