Mit fremden Zellen zum Wunschkind

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Österreich steht unter Druck, das Spenden von Samen und Eizellen zuzulassen. Die Justizministerin äußert Bedenken. Drohen Designerbabys aus dem Katalog?

Zwei Paare hatten den starken Wunsch nach Kindern – doch der ersehnte Nachwuchs wollte sich nicht einstellen. Bei einem Paar hat die Frau verklebte Eileiter, zudem ist ihr Mann zeugungsunfähig. Nur die Samenspende eines anderen Mannes könnte helfen, doch genau das ist in Österreich verboten: Samenspenden dürfen nicht verwendet werden, um eine Eizelle außerhalb des Mutterleibes zu befruchten (s. u.). Das zweite Paar hat anders gelagerte Probleme: Die Eierstöcke der Frau produzieren keine Eizellen mehr, ihr Partner ist aber zeugungsfähig. Das Paar wollte mithilfe einer gespendeten Eizelle einer anderen Frau ein Kind zeugen. Auch dies ist nach dem Gesetz über Fortpflanzungsmedizin nicht erlaubt. Die Folgen: Beide Paare fanden sich mit dem Verbot nicht ab und klagten bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Dieser entschied vor wenigen Monaten zugunsten der Kläger: Das österreichische Gesetz diskriminiere unfruchtbare Paare.

Justizministerin skeptisch

Österreich ist unter Zugzwang und muss auf das Urteil reagieren. Die Bioethikkommission im Bundeskanzleramt fordert eine grundlegende Reform des Fortpflanzungsmedizingesetzes. Doch noch ist die Frist für die Berufung gegen das Urteil nicht abgelaufen.

„Wir prüfen derzeit, ob wir gegen das Urteil berufen oder nicht“, sagt Justizministerin Claudia Bandion-Ortner zur FURCHE. Aber so viel macht sie bereits deutlich: „Ich bin skeptisch, was Eizellspenden anbelangt. Ein Kind hat ein Recht zu wissen, wer seine Eltern sind. Es ist gut, dass es die Möglichkeit zur künstlichen Befruchtung gibt. Aber mit dem Einsatz von Fremdsamen und Eizellspenden beginnt eine Entwicklung, die ich für bedenklich halte. Es muss verhindert werden, dass Menschen kreiert werden können und ein Wunschbaby nach Katalog bestellt werden kann.“

Die Spende von Sperma ist derzeit gesetzlich erlaubt, aber eben nicht zur Befruchtung außerhalb des Mutterleibes im Labor, sondern nur zur Befruchtung im Mutterleib einer Frau. Diese „Widersprüchlichkeit“ wird von den Medizinern zwar beklagt, löst aber nicht jene hitzigen Diskussionen aus, wie sie um die Spende von Eizellen geführt werden.

Skeptisch zeigt sich nicht nur Bandion-Ortner sondern auch die Lebensschutzorganisation „Aktion Leben“. Zustimmend hingegen äußern sich zwei Mitglieder der Bioethikkommission, die Vorsitzende Christiane Druml, sowie die Frauenärztin und Reproduktionsmedizinerin Barbara Maier. Die Bioethikkommission bereitet derzeit eine Stellungnahme zu dem Thema vor.

Befürworterinnen wie Druml und Maier sprechen sich für eine Zulassung unter besonderen Bedingungen aus. So könne die Eizellspende nach Ansicht von Druml nur die letzte Möglichkeit für kinderlose Paare sein, zu einem Kind zu kommen. Der Einsatz dürfe nur bei festgelegten medizinischen Indikationen erlaubt sein: „Die Eizellspende kann nicht für Lifestyle-Probleme zum Einsatz kommen. Dass eine Frau mit 60 Jahren ihren Kinderwunsch erfüllt, ist indiskutabel, das ist ein Irrweg“, sagt Druml.

Barbara Maier ist dieser Meinung und fragt zugleich, welche Konsequenzen sich durch die Eizellspende für die Frau, die befruchtet wird, und für das Kind ergeben. Für Frauen im gebärfähigen Alter sehe sie keine Probleme. Anders sei dies bei Frauen in den Wechseljahren: Hier seien die medizinischen Risiken für Mutter und Kind zu groß.

Gegner wie etwa die „Aktion Leben“ sind sogar bei strengen medizinischen Indikationen gegen die Eizellspende. Zwei Hauptargumente nennt Martina Kronthaler, Generalsekretärin von „Aktion Leben“. Erstens bestehe die Gefahr, dass Frauen in ärmeren Länder als Spenderinnen ausgebeutet werden: „Es kann nicht sein, dass das Leiden einer ungewollt kinderlosen Frau damit gelindert wird, dass einer anderen Frau möglicherweise Schaden zugefügt wird.“ Als Zweites fügt Kronthaler hinzu: „Wie geht es den Kindern, die aus so einer Eizellspende entstanden sind? Das wird kaum erforscht.“ Manche Experten würden nämlich darauf verweisen, solcherart gezeugte Kinder könnten Probleme hinsichtlich ihrer Identität erhalten.

Regeln gegen Handel mit Zellen

Maier und Druml fordern gesetzliche Regeln, um Ausbeutung zu verhindern. Für Lebendspenden bestünden Modelle durch das Transplantationsgesetz. „Natürlich muss die Spende freiwillig sein. Die Spenderin muss bis ins kleinste Detail über den Vorgang und mögliche Risiken aufgeklärt werden. Das Institut muss darlegen, wie stimuliert wird, wie viele Eizellen entnommen wurden und welche Nachbetreuung durchgeführt wird“, sagt Maier.

Sie verweist zudem auf Berichte, wonach Spenderinnen hoch dosiert Hormone erhielten, um mehr Eizellen zu gewinnen. Sie verneint hingegen Kronthalers Befürchtung der späteren Identitätsprobleme der so gezeugten Kinder. Britische Studien ergäben dafür keine Anhaltspunkte.

Eine weitere Befürchtung der Gegner gilt dem Umstand, mit der Eizellspende könnten Babys aus dem Katalog möglich gemacht werden. Spenderinnen seien jung, Institute würden auf deren gutes Aussehen oder deren berufliche Position verweisen. Maier dazu: „Mit der Regelung der Eizellspende sollte unbedingt eine Regelung der Werbebeschränkungen verbunden sein.“

Während die Befürworter meinen, Österreich könne sich internationaler medizinischer Entwicklung nicht verschließen, appelliert Kronthaler für einen Paradigmenwechsel: Der Staat müsse mehr tun, um jungen Paaren, die in Ausbildung und im Beruf sind, die Gründung einer Familie zu ermöglichen, damit diese nicht zu lange warten, um Kinder zu haben.

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