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Schutz für Embryos

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Der Justizminister hat für Anfang 1990 den Entwurf eines Gentechnologiegesetzes angekündigt. Dessen Prämissen, wie sie Foregger skizzierte, stellen eine Trendwende in der Diskussion dar.

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Der Justizminister hat für Anfang 1990 den Entwurf eines Gentechnologiegesetzes angekündigt. Dessen Prämissen, wie sie Foregger skizzierte, stellen eine Trendwende in der Diskussion dar.

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Der von Egmont Foregger kürzlich angekündigte Entwurf eines Gentechnologiegesetzes stellt den Prämissen nach - wenn es dabei bleibt -, eine echte Trendwende in der öffentlichen Diskussion über die rechtlichen Grenzen der künstlichen Befruchtung beim Menschen dar.

Das gilt vor allem für die zentrale und bislang strittige Frage nach der Zulässigkeit „verbrauchender Experimente an überzähligen Embryonen“. Hier geht - so Foregger- „der Trend nun dahin, nur so viele Eizellen zu befruchten, wie alsbald eingepflanzt werden können“, sodaß sich das Problem „überzähliger Embryonen“ von vornherein gar nicht stellt (wenn man von dem wohl nur theoretischen Fall absieht, daß die Eizellenspenderin die Reimplan-tation verweigert oder ihr in der kurzen Zeitspanne zwischen Eizellenentnahme und Rücktransfer etwas zustößt).

Daß diese von der FURCHE schon vom Anfang der Debatte an erhobene Forderung, keine „überzahligen Embryonen“ entstehen zu lassen, erfüllbar ist, ohne daß dadurch die medizinischen Erfordernisse oder die Erfolgschancen merkbar beeinträchtigt werden, haben erst jüngst die kompetenten Fachärzte der IL Universitätsfrauenklinik in Wien bestätigt (siehe FURCHE 30/1989).

Eine entsprechende gesetzliche Regelung würde daher den allgemein anerkannten Zweck einer medizinischen Zeugungshilfe für unfruchtbare Lebensgemeinschaften nicht behindern, gleichzeitig aber -worauf Foregger auch ausdrücklich hinwies - unerwünschten Experimenten mit Ungeborenen im Reagenzglas einen Riegel vorschieben.

Damit ergibt sich eine Abkehr von jenen bislang die öffentliche Debatte in Österreich bestimmenden Empfehlungen der Rektorenkonferenz, die innerhalb enger Grenzen für die Zulässigkeit „verbrauchender Experimente“ an Embryonen eintrat.

Mit der Absicht, der für die Zwek-ke der Sterilitätsbehandlung und Zeugungshilfe ja gar nicht notwendigen Forschung an Embryonen einen Riegel vorschieben zu wollen, und auch „jede Art von Geschäfte-macherei mit der künstlichen Befruchtung, wie beispielsweise die Leibmutterschaft gegen Entgelt, zu verbieten“, ist das Justizministerium nun auf der Höhe der Zeit und liegt auch wieder voll im europäischen Trend.

Der bundesdeutsche Entwurf eines Embryonenschutzgesetzes sieht beispielsweise ebenfalls ein weitreichendes Verbot der verbrauchenden Forschung an Embryonen vor und geht - wie dem „Kabinettsbericht“ der deutschen Bundesregierung zu entnehmen ist - „davon aus, daß mit Abschluß der Befruchtung, das heißt mit der Kernverschmelzung innerhalb der befruchteten Eizelle, bereits menschliches Leben entsteht“.

Folgerichtig ist in der Bundesrepublik, wo der Embryonenschutz seit jeher im Mittelpunkt des Interesses stand, für die gezielte Erzeugung befruchteter Eizellen zu Forschungszwecken ebenso ein Verbot beabsichtigt wiefür jedwede fremd-nützige Verwendung menschlicher Embryonen.

Die Frage eines Verbots einer Fremdsamenbefruchtung will der deutsche Gesetzgeber davon abhängig machen, „ob das Gesundheitsrecht der Länder sowie das Standesrecht hinreichende Regelungen treffen“. Auch dies deckt sich weitgehend mit Minister Foreggers Absicht, die Grenzen des bei der künstlichen B efruchtung Erlaubten primär im ärztlichen Standesrecht zu verankern.

Mit der Forderung nach einer raschen familienrechtÜchen Absicherung der „Retortenkinder“ beweist Minister Foregger ebenfalls jenen scharfen Blick für das Wesentliche und Vordringliche, den man in der früheren öffentlichen Debatte oft schmerzlich vermißte. Daraus, daß der Minister die Frage der Zulässigkeit von Fremdsamenbefruchtung und Eizellenspende bewußt offenließ und vorderhand einmal zur Diskussion stellte, ist abzuleiten, daß der bereits vor rund zwei Jahren vorgelegte überaus permissive „Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die zivürechtli-chen Folgen der künstlichen Fortpflanzung geregelt werden“, offenbar nicht mehr aktuell ist, was.in Anbetracht der heftigen Kritik, auf die er in der Fachwelt stieß, nicht verwundern darf.

Gewiß wird man die Details noch abzuwarten haben. Die von Justizminister Foregger vorgegebene Leitlinie, von der Zulässigkeit der homologen künstlichen Befruchtung innerhalb aufrechter Lebensgemeinschaften auszugehen, die Frage der Fremdsamenbefruchtung vorläufig noch offen zu lassen, Forschungsexperimente anEmbryonen aber jedenfalls verhindern zu wollen, ist jedoch konkret genug, um sie als einen erfreulichen Mittelweg zu werten, der einen vernünftigen Ausgleich zwischen den legitimen Interessen unfruchtbarer Paare sowie jener Ärzte, die wirklich nur helfen wollen, einerseits und der unverzichtbaren Achtung vor der Menschenwürde anderseits schaffen könnte.

Damit würde endlich auch in Österreich der Embryonenschutz in den Vordergrund gestellt und einem Grundsatz entsprochen, für den die FURCHE stets hartnäckig und vehement eingetreten ist und den der prominente deutsche Rechtswissenschafter Adolf Laufs jüngst bei der Tagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinrecht treffend so umschrieb: „Wer ein Menschenleben erzeugt, tun es im Interesse medizinischer Fortschritte zu nutzen und zu opfern, stellt dessen Subjektqualität prinzipiell in Frage, behandelt es unpersönlich wie einen Gegenstand.

Das Gebot, die Menschenwürde zu achten, verwehrt den Zugang zu einer Güterabwägung, bei der die Dringlichkeit von Forschungszielen oder das Bedürfnis,Embryonen zum Zweck der Medikamentenproduktion zu erzeugen, die Gegengewichte bildeten.“

Daß sich Justizminister Foregger dieser Auffassung zugänglich zeigt, ist sehr erfreulich und hebt ihn auch wohltuend von seinem Amtsvorgänger ab, der befruchtete Eizellen bekanntlich als „Sache im Rechtssinn“ qualifizierte (FURCHE 14/ 1985). Es bleibt zu hoffen, daß es Foregger gelingt, sein Vorhaben, das offensichtlich sehr stark von persönlichem Engagement und eigener Fachkenntnis geprägt ist, auch noch rechtzeitig zu verwirklichen.

Der Autor ist Assistent an der Juridischen Fakultät der Universität Wien.

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