Aufschrei gegen "Kultur des Todes"

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Kirchenvertreter, Bioethiker und -politiker diskutierten in Bratislava über "Lebensethik aus christlicher Sicht" Impressionen vom zweiten Symposium des Mitteleuropäischen Katholikentags*).

Wenn ich der Teufel wäre - ich würde die Familie zerstören. Dann würde ich den Klebstoff der stabilen Ehe, die sexuelle Treue, auflösen. Und schließlich würde ich in der Schule die Techniken zur Trennung von Sexualität und Fortpflanzung lehren." Alojz Rakús ist nicht der Teufel, sondern ehemaliger slowakischer Gesundheitsminister. Doch als solcher glaubt er, die Wurzel der grassierenden "Kultur des Todes" aufgespürt zu haben: Schuld sei die Auflösung von Ehe und Familie.

Rakús' Meinung wurde von der Mehrzahl der Teilnehmer am zweiten Symposium des Mitteleuropäischen Katholikentags in Bratislava geteilt. Auf Einladung der katholischen Bischofskonferenzen von Österreich, Ungarn und der Slowakei waren Experten und Interessierte am ersten Oktoberwochenende in die slowakische Hauptstadt gekommen, um über "Lebensethik aus christlicher Sicht" zu diskutieren. Reproduktionsmedizin und Embryonenforschung standen dabei ebenso zur Debatte wie Euthanasie.

Scharfe Töne

Die Zeit für Meinungsaustausch war im Preßburger "Suza"-Konferenzzentrum freilich knapp bemessen. Umso schärfere Worte fanden die Referenten am Podium, die überwiegend dem konservativen Kirchenflügel zuzurechnen sind. So ortete Kurienkardial Alfonso Lopez Trujillo, Präsident des Päpstlichen Familien-Rates, in den modernen Gesellschaften eine "systematische Feindschaft gegenüber der Familie".

Salzburgs Weihbischof Andreas Laun stieß ins selbe Horn: "Das Menschenbild von heute entspringt einer Kultur des Todes", betonte er. Als Beispiele für solch "lebensfeindliche Phänomene" nannte Laun Verhütung, Abtreibung, "Homo-Ehe", pränatale und Präimplantations-Diagnostik.

Glaubt man Enrique Prat de la Riba, Generalsekretär des Wiener Bioethik-Instituts "Imabe", dann ist in der heute gängigen In-vitro-Fertilisation (IVF) der eigentliche Dammbruch zu sehen: "Klonen und Embryonenforschung wären ohne künstliche Befruchtung nicht möglich." Auch 25 Jahre nach der Geburt des ersten Retortenbabys Louise Brown müsse man darauf hinweisen, dass jedes dieser Kinder mit einer Verletzung seiner Würde fertig werden müsse, weil seine Entstehung mit Selektion verbunden sei. "Außerdem gibt es erst dadurch das Problem überzähliger' Embryonen", so Prat.

Sobald solche Embryonen jedoch geschaffen seien, hätten sie das Recht auf Leben. Umso heftiger wurde in Bratislava die "Warnock-Empfehlung" an die britische Regierung kritisiert, die 1984 vorgeschlagen hatte, Embryonen bis zum Alter von 14 Tagen für die Forschung zu verwenden. Bald darauf sei für sie der Begriff "Prä-Embryo" geprägt worden, kritisierte der kroatische Bioethiker Valentin Pozai´c: "Damit wurde die Büchse der Pandora geöffnet."

Angesichts dieser Entwicklungen und der bevorstehenden Entscheidungen (siehe Interview) forderten namhafte Konferenzteilnehmer - darunter Kardinal Trujillo und Feldkirchs Bischof Klaus Küng - in einer "Erklärung von Preßburg" gesetzliche Schranken gegen alle Forschungsvorhaben, die mit der Tötung von Embryonen verbunden sind.

Entscheidungen fällig

Tatsächlich werden in den nächsten Wochen und Monaten wichtig Weichen gestellt: Noch im Oktober fällt die Vorentscheidung, ob es auf Ebene der Vereinten Nationen zu einem weltweiten Klon-Verbot (inklusive "therapeutisches" Klonen) kommt, oder ob sich die UNO-Mitgliedsstaaten auf die Ächtung des reproduktiven Klonens beschränken.

Zudem soll am 27. November die Entscheidung fallen, ob Forschungen an menschlichen embryonalen Stammzellen aus EU-Geldern gefördert werden sollen oder ob das bestehende, von Österreich erwirkte Moratorium verlängert wird. "Die Kirche muss hier Position beziehen", meinte Bildungsministerin Elisabeth Gehrer in Bratislava. "Ich werde interessiert auf ihre Meinung schauen."

Schließlich hat sich erst jüngst im Europarat eine Diskussion über die Legalisierung aktiver Sterbehilfe entzündet, wie der Wiener Moraltheologe Günter Virt berichtete: "Wir konnten die Debatte im letzten Moment von der Tagesordnung streichen." Die Entscheidung wurde auf Jänner vertagt.

*) Eine Kooperation der Furche mit der Österr. Bischofskonferenz. Die redakt. Verantwortung für diesen Beitrag liegt bei der Furche.

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