Väter, Mütter, Kinder

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Zwei Nachrichten von der Bio- ethik-Front haben uns in den letzten Tagen erreicht und die schwelende Diskussion wieder neu befeuert. Wobei die Argumente weitgehend ausgetauscht sind und bei jedem neuen Anlassfall beide Seiten routinemäßig ihre jeweils vertrauten Stellungen beziehen.

Zum einen hat sich Gesundheitsminister Alois Stöger die Debattenhoheit übers Wochenende gesichert, indem er via Standard wissen ließ, künftig sollte künstliche Befruchtung auch gleichgeschlechtlichen Paaren und Singles offen stehen. Zum anderen verbot der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) Patente auf embryonale Stammzellen. Die mit der Herstellung von Stammzellen verbundene Zerstörung von Embryonen sei mit der Menschenwürde nicht vereinbar. "Der Begriff des Embryos ist weit auszulegen“, auch bei befruchteten Eizellen handle es sich um Embryonen, schreiben die Richter unter Berufung auf die guten Sitten.

Die "Familienpartei ÖVP“

Im Falle des Stöger-Vorstoßes wurde erwartungsgemäß darüber diskutiert, inwieweit vor allem gleichgeschlechtliche Paare auch Eltern sein können bzw. dürfen. Es ist dies im Prinzip eine Variation der seit langem umstrittenen Frage des Adoptionsrechts für homosexuelle (schwule und lesbische) Partner, die ihrerseits natürlich wiederum einen - besonders heiklen - Aspekt der Auseinandersetzung um den (rechtlichen) Status solcher Partnerschaften darstellt.

Gern appellieren linke Kommentatoren in diesem Zusammenhang an den Familiensinn der ÖVP (die aber ohnedies, wie so oft, auch diesmal keine klare Position erkennen hat lassen). Da wird dann ein Bild gezeichnet, als wünschten Legionen Homosexueller nichts sehnlicher als lebenslange Treue, Kinder, trautes Heim, wohl auch noch mit kirchlichem Segen. Nur der Staat (und die Kirche sowieso) stehe der Erfüllung dieser Träume entgegen. Da müsste doch gerade eine "Familienpartei“ ein Einsehen haben … (in diesem Sinne etwa zuletzt Sibylle Hamann in der Presse). Nein, natürlich ist Heterosexualität keine ausreichende Voraussetzung für gelungene Elternschaft. Und natürlich gibt es genügend Kinder aus heterosexuellen Beziehungen, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht in einer klassischen Vater-Mutter-Kind(er)-Familie aufwachsen und deswegen auch nicht zwingend unglücklich sind (s. dazu auch das Dossier). Aber die geltenden Regelungen bei Adoption und künstlicher Fortpflanzung sind ein Signal, dass ebendiese klassische Kernfamilie eine Art Grundform der Gesellschaft und idealtypisches Bio- bzw. Soziotop für Erziehung ist und daher entsprechend geschätzt und gestützt wird. Warum eine "Familienpartei“ daran nicht festhalten dürfte, ver- stehe, wer will.

Wer A sagt, muss auch B sagen

Aber hinter dem Vorstoß von Stöger steht eine noch viel brisantere Frage, die diesen mit dem Thema des EuGH-Urteils verknüpft. Denn bei den Befürwortern der Stammzell-Forschung (die der Gerichtshof freilich nicht verboten hat, nur durch das Verbot der Patentierung erschwert) wird ja immer auf die bei der In-vitro-Fertilisation anfallenden überzähligen Embryonen verwiesen: Bevor diese in den Müll wanderten, sei es doch besser, sie der Forschung zuzuführen. "Wer A sagt, muss auch B sagen“, lautet die eingängige Formel. Also wer A (die künstliche Befruchtung) will, muss auch ja zur Stammzellforschung sagen. Das ist in sich stimmig, doch Moraltheologen wie Günter Virt weisen darauf hin, dass damit ja nicht die Frage nach der moralischen Legitimität von A beantwortet sei: Die der Stammzellforschung logisch vorgeordnete ethische Frage ist also jene nach der In-vitro-Fertilisation.

Im Grunde freilich geht es immer um die Frage nach dem Beginn des Lebens. Hier haben nun die Luxemburger Richter nach dem Prinzip des Tutiorismus entschieden: Im Zweifel sagen wir, es ist ein Mensch.

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