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Seriöser Beitrag

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Uberraschend breite Zustimmung fand die FURCHE-Initiati-ve für ein „Bundesgesetz über die künstliche Befruchtung beim Menschen“ (FURCHE 48/1985). Zumindest wurde dem Gesetzentwurf, der die Anwendung der In-vitro-Fertilisierung, die Samen-und Eizellenspendung regeln will, Seriosität bescheinigt.

Das ergab eine erste Rundfrage der FURCHE bei Ärzten, Moraltheologen, Juristen und Politikern. Noch ehe die Enquete zum Thema „Familienpolitik und künstliche Fortpflanzung“ am 4. und 5. Dezember im Wiener Palais Auersperg unter der Patronanz des Familienministeriums und der österreichischen Rechtsanwaltskammer begann, hatte die FURCHE für eine Diskussionsgrundlage gesorgt, die ernstgenommen wird.

Wobei aber erwartungsgemäß ernsthafte Einwände auch nicht ausgeblieben sind. Der Innsbruk-ker Moraltheologe Hans Rotter zum Beispiel bemängelte am FURCHE-Entwurf das Fehlen einer Bestimmung, die — nach dem Vorbild des schwedischen Inse-minationsgesetzes — die künstliche Zeugung eines Kindes auf eine bestehende (Ehe-)Partner-schaft beschränkt.

Der Präsident der Osterreichischen Ärztekammer, Richard Pia-ty, wiederum vermißt die ausdrückliche Verankerung der Gewissensfreiheit des Arztes in einem solchen Gesetz: kein Arzt, der aus ethischen Gründen die Teilnahme oder Durchführung künstlicher Befruchtungstechniken ablehnt, dürfe von seinem Dienstgeber dazu gezwungen werden.

Einig ist sich Piaty auch mit dem Vorstand der II. Universitätsfrauenklinik in Wien, Herbert Janisch, in der Forderung, daß nur Gynäkologen mit dem Nachweis von Spezialkenntnissen zur

Durchführung von künstlichen Befruchtungsmethoden berechtigt sein sollen. Um die gesamte medizin-wissenschaftliche Problematik im Griff zu behalten, könnte sich Jarnsen auch vorstellen, die künstliche Humanreproduktion auf die Universitätskliniken zu beschränken.

Der Vorstand der Gynäkologischen Abteilung des Krankenhauses in Wien-Lainz, Sepp Leo-dolter, hält vor allem jenen Gedanken in den Erläuterungen des FURCHE-Entwurfs für überle-genswert, der im Zuge einer Neuregelung des Adoptionsrechtes die Möglichkeit einer pränatalen oder sogar präkonzeptionellen Adoption anregt.

Grundsätzliche Einwände gegen die Strafbestimmungen der Gesetzesvorlage der FURCHE äußert der Präsident der Rechtsanwaltskammer, Walter Schuppich. Seiner Meinung nach müßten überhaupt noch intensiver die geltenden Gesetze daraufhin überprüft werden, ob sie nicht ohnehin für das Regelbedürfnis in Sachen künstlicher Befruchtung ausreichen. Daneben, so Schuppich, sollte man sich stärker auf die ärztliche Standespflicht berufen. Damit werde auch der Gefahr entgegengewirkt, daß beim Auftreten gesellschaftlicher Probleme sofort nach dem Gesetzgeber gerufen wird.

Sepp Rieder, Abgeordneter und Rechtsexperte des SPÖ-Parla-mentsklubs, hält überhaupt nichts von Strafbestimmungen, wie sie die FURCHE-Initiative auch vorsieht. Außerdem vermißt Rieder die Beantwortung der Frage, wie denn nun auf das mögliche Auseinanderfallen von biologischer und sozialer Elternschaft reagiert werden soll.

Jeden Gesetzesvorschlag zum gegenwärtigen Zeitpunkt lehnt der Grazer Universitätsassistent Erwin Bernat entschieden ab. Der Jurist Bernat hält den FURCHE-Entwurf für legistisch nicht ausgegoren. Vor allem sei die internationale Diskussion noch nicht abgeschlossen, welche Rechtsgüter mehr und welche weniger zu schützen sind. So sei — entgegen den Feststellungen des FURCHE-Gesetzesautors Wolfgang Brand-stetter — durchaus noch nicht entschieden, ob zwei- bis achtzellige lebende menschliche Embryonen nicht doch auch zu Fortpflanzungszwecken „produziert“ werden dürfen, und zwar dann, wenn die Lebensbedingungen der Menschheit in der Zukunft dadurch entscheidend verbessert würden.

Die FURCHE-Initiative begrüßt hingegen der Wiener Diöze-sanadministrator und Sprecher der österreichischen Bischofskonferenz, Weihbischof Helmuth Krätzl. Bei einem Gesetz in Zusammenhang mit der künstlichen Befruchtung gehe es in erster Linie darum, die gröbsten Auswüchse zu verhindern. Zuviel verlangt von einem Gesetz wäre es allerdings, so Krätzl weiter, allgemein gültige ethische Verhaltensregeln aufstellen zu wollen.

Am 5. Dezember, am zweiten Tag der Enquete des Familienministeriums, steht jener Initiativantrag der ÖVP auf der Tagesordnung des parlamentarischen Gesundheitsausschusses, der das Verbot der Leihmütter und den Handel mit Embryos rasch verbieten will. Mit dem FURCHE-Gesetzesentwurf für die umfassende Regelung der künstlichen Befruchtung liegt nun auch ein Beitrag vor, der die Diskussion abseits parteipolitischer Erwägungen neu belebt hat.

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