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„Der Mißbrauch ist fast unvermeidlich”

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Wer im Internet unter dem \ \ Schlagwort „sheep” Nä-T T heres über Dolly erfahren will, findet auch die britische Zeitschrift Nature vom 27. Februar. Nicht nur der Embryologe Ian Wilmut beschreibt hier wissenschaftlich genau die Entstehung des ersten, aus er-

- wachsenen Zellen geklonten Schafes. Die renommierte Zeitung berichtet auch in eigener Sache: kurz vor Erscheinen hatte ein -namentlich nicht genannter - Schreiber einer „e-mail” (elektronische Post) das Erscheinen des Berichts verhindern wollen. „Weil der Vorgang so immer mehr zum Allgemeingut wird,” meinte der Absender, „ist Mißbrauch fast unvermeidlich.” Die Wissenschaft und. ihre Lehre sind frei, meinten die Herausgeber und publizierten das Dokument.

Das Erscheinen des sieben Monate alten Schafes in der Öffentlichkeit hatte ohnehin bereits eine Lawine von Gerüchten und berechtigten Sorgen ausgelöst. Nature befaßt sich auch mit den Gesetzeslücken, die durch Klonen aus Zellen erwachsener Lebewesen offenbar werden könnten. Manche Briten fürchten, daß Klonen von Menschen nicht vom Gesetz für Menschliche Befruchtung und Embryologie von 1990 gedeckt ist. Es „verbietet ausschließlich Klonen von Embryos”, meint Sheila McLean, Professorin für Recht und Ethik an der Universität von Glasgow, „aber das betrifft das Klonen von erwachsenen Lebewesen.”

Der „Erfolg” der Wissenschaft hat Restürzung und Sorge ausgelöst, daß die Zeit dem Recht davoneilt. „Wir wußten damals nichts von der Möglichkeit, erwachsene Zellen zu klonen”, meint May Warnock, Vorsitzende des Be-ratungskomitees beim Gesetzesentwurf von 1990. „Nun muß die Legislatur rasch geändert werden, um Klonen von Menschen zu verhindern.”

Ron James, Chef der Riotechnik-firma Pharmaceutical Proteins Ltd.

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(PPL) - in deren Auftrag Dolly entstanden war ..... beeilte sich zu versichern, daß die neue 'Technologie vor dem Menschen haltmachen würde. Ein erster Klonversuch an menschlichen Embryonen vor drei Jahren läßt nun aber Schlimmes befürchten. Damals hatte der amerikanische Spezialist für künstliche Befruchtung, Jerry Hall, menschliche Embryos geklont und mehrere Tage hindurch am lx:ben erhalten.

Nicht nur die britische Kirche fürchtet nun, daß das Geschäft -immerhin waren die Aktien der PPL nach Bekanntwerden des „Erfolgs” sofort gestiegen - ethische Erwägungen beiseite schieben könnte. So verlangte Jeremy Rif-kin, Vorsitzender der Stiftung für Wirtschaftet rends in Washington DC, weltweites Verbot des Klonens von Menschen. Die Strafe, so der Chef der internationalen Stiftung, der rund 300 religiös und ethisch orientierte Organisationen angehören, sollte gleich sein wie bei Vergewaltigung, Kindesmißbrauch oder Mord. Der (stellvertretende) Generalsekretär der Katholischen Bischofskonferenz von England und Wa-Nicholas Coote, unterstrich das Recht des Menschen auf biologische Eltern. Seine Ansicht zur Frage der Einzigartigkeit der Schöpfung angesichts der Möglichkeit, Leben zu kopieren, könnte zu Kontroversen Anlaß geben: „Ich bin immer noch einzigartig: denn selbst ein Klon von mir hätte ein Bewußtsein, das nicht meines ist”. Kontroversiell auch die Stellungnahme von Mary Seilers vom Aus-' schuß für Soziale Verantwortung der Kirche von England: „Klonen muß, wie jede Wissenschaft, verantwortungsvoll verwendet werden. Bei Menschen ist es nicht wünschenswert, bei Schafen hingegen hat es seine Verwendung.” Der Weltkirchenrat forderte ein Moratorium in Forschung und Anwendung des Klonens, bis ethische Fragen gelöst sind.

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