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Anmutige Gelehrsamkeit

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Es ist bekannt, was die Geistes-gesohichte im allgemeinen und die Literaturgeschichte im besonderen privatem Sammeleifer verdankt; einer der verdienstvollsten unter diesen Sammlern war Anton Kippenberg. Wenn nun, fast 30 Jahre nach dem zehnten Band der Reihe, das Jahrbuch der Sammlung Kippenberg in neuer Folge erscheint, steht es unter dem Zeichen einer zweifachen Pietät: gegen Goethe und gegen den Gründer der Sammlung und des Jahrbuches, und es fordert heraus zum Vergleich. Was sich da an Gedanken herbeidrängt, kann nicht besser überblickt und nicht gepflegter gesagt werden, als es Hellmuth von Maitzahn im Vorwort tut. Das schönste Wort darin, von Kippenberg der Vorbemerkung zum letzten Band seines Jahrbuches eingefügt und die Haltung bezeichnend, die ihn durch all die Jahre geleitet hatte, ist das Wort: Es sei hier „doch anmutige Gelehrsamkeit“ getrieben worden, „und Genuß und Belehrung werden dem Leser gleichermaßen zuteil“.

Was in diesem neuen Band geboten wird, beweist aufs neue die Besonderheit der Sammlung Kippenberg, die nun im Gärtnerhaus des Hofgartens zu Düsseldorf ihre bleibende Stätte gefunden hat. Man möchte mit Korff sagen, „Der Geist der Goethe-Zeit“ erscheine hier, erfaßt und bewahrt in Zeugnissen verschiedenster Art. Die Aufsätze lassen in freier, aber durchdachter Folge eine geistige Gliederung des Materials der Sammlung durchblik-ken: Zeugnisse Goethes („Vierzehn Briefe Goethes an Kräuter“), Darstellung von Zeitgenossen in ihren Beziehungen zu Goethe („Goethe und Reichardt“, „Goethe und Zelter“), Werke aus dem geistigen Umkreis Goethes („Achim von Arnim“ und „Auch ein Faust“), Wesen und Werk von Zeitgenossen („Ein Brief Ludwig Tiecks über die nachgelassenen Schriften von Lenz“), Kulturgeschichte der Goethe-Zeit (Naturliebe, Münzwesen, Jagdschlösser, „Baugeschichte des Hofgärtnerhauses...“); schließlich, und hier besonders trifft das Wort von der „anmutigen Gelehrsamkeit“ zu, die Geschichte des einzelnen Menschen nicht nur, auch eines Buches. Das ist im vorliegenden Band „Der So-kratische Philolog, Kreuz- und Querzüge eines Hamann-Sammelbandes“: Hinter dem beziehungsvollen Titel erscheint eine Sammleridylle, wie sie Börries von Münchhausen hätte schreiben können: Eine Suchanzeige begründet eine Freundschaft, das Buch wird ehrfürchtig erlebte Wirklichkeit, aus seiner Geschichte wachen Schicksale lang verstorbener Menschen auf. Aus diesem kleinen Bericht spricht am deutlichsten der Geist der Sammlung.

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