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Belcanto aus vier Jahrhunderten

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Von der Entwicklung einer faszinierenden Kunstform ist hier die Rede. Die Hauptrolle spielt dabei, wie von einem Dramaturgen nicht anders zu erwarten, der lesbare Text.

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Von der Entwicklung einer faszinierenden Kunstform ist hier die Rede. Die Hauptrolle spielt dabei, wie von einem Dramaturgen nicht anders zu erwarten, der lesbare Text.

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Richard Bietschacher kennt als Chefdramaturg der Wiener Staatsoper die entsprechenden Kunstwerke gewissermaßen „von innen”. Mit seinem Buch greift er nur so hinein ins volle Opemleben, und wo er's packt, da ist es interessant. Viele werden das gelehrte Werk ehrfurchtsvoll in den Bücherschrank stellen und ab und zu darin schmökern. Aber es lohnt sich, Seite für Seite zu lesen.

So ist beispielsweise die Charakterisierung des Figaro-Personals ein schriftstellerisches Meisterwerk, ähnliches gilt für die Seiten über „Cosi” und anderes. Maßvolle und goldene Worte findet der hochgebildete Autor über den Zeitgeschmack, über Politik und Zeitläufte oder über die „hinterfragenden” Neuinterpretationen „durch einen philosophischen Regisseur”. Er gibt aber auch gleich Tips für die Aufführung mancher vergessener Kostbarkeiten, hält überhaupt den Bück auf die Praxis gerichtet und gibt von vielen Raritäten ausführliche Besprechungen.

Einige Besonderheiten aus der 400jährigen Geschichte dieser wieder höchst lebendigen Kunstform mögen neugierig machen: Da gab es einen Kaiser, der für seine junge Braut ein Stück komponierte, das in einem Bordell spielt; schon 1710 eine Oper „Boris Goudenov”; einen Komponisten, der sich beim Zusammenbruch eines Theaterunternehmens den Verlust von 90 Jahresgehältern leisten (!) konnte. Oder man best von einem Augsburger Schneidersohn, der Textautor für einen „Oberon” von Paul Wra-nitzky und später Professor für Mineralogie in Dublin wurde; oder von den Sieben Seligkeiten, wovon eine die Operettenseligkeit ist. Man erfährt, wer nach Gustav Mahlers Urteil der bedeutendste Meister des Musiktheaters und wer nach Bietschachers Meinung der bedeutendste Komponist des Jahrhunderts war, wie sich Alban Bergs Eifersucht auf die Zigarette „Jonny” zeigte und vieles mehr. Die Lektüre informiert also nicht nur, sie bereitet auch viel Vergnügen!

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