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Europa- Szenarien

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Gelingt es der Regierung, in der für Verhandlungen verbleibenden kurzen Zeit zu einem annehmbaren Ergebnis zu gelangen und dieses noch heuer dem Volk zur Abstimmung vorzu- legen, die positiv ausginge, so wäre dies ein großer politischer Erfolg, für Außenminister Mock ein persönlicher Triumph und die Krönung seines Lebenswerkes.

Kommt es dagegen unter dem herrschenden Zeitdruck zu einem weniger günstigen Ergebnis, das die Regierung „ohne Wenn und Aber“ schluckt, ausspeit und nach dem Motto „Friß Vogel oder stirb“ dem Wähler zum Fraß vorlegt, so könnte es zu dem kommen, was auch im ersteren Falle nicht ausgeschlossen ist: daß der flügge gewordene Wähler-Vogel das ihm Vorgelegte weder frißt noch daran stirbt, sondern fröhlich weiterlebt. Viele, die die Forcierung des Beitrittes zur EU, wo wir ohnehin schon im EWR sind, fatal an die Erste Republik erinnert, als der Anschluß an Deutschland um jeden Preis als eherne Notwendigkeit und Österreich als „lebensunfähig“ erklärt wurde, würden dann umso eher den Weg der Verweigerung beschreiten und Brüssel beziehungsweise der Regierung eine Abfuhr erteilen. Schon einmal hat der krampfhafte Versuch, der Bevölkerung eine Lösung aufzunötigen, nicht den gewünschten Erfolg gezeitigt. Der Fall Zwentendorf könnte sich wiederholen.

Dies wäre auch keine Katastrophe, würde freilich unser aller Phantasie und Einsatz strapazieren, durch Ersatzlösungen einen Ausgleich für entgangene Chancen zu finden. Für den Außenminister wäre dies freilich eine persönliche Niederlage, da er wie kein anderer seine Persönlichkeit für dieses Ziel eingesetzt und sich mit ihm identifiziert hat. Es wäre ein unschöner Abschluß einer geradlinigen und respektgebietenden Karriere.

Die anderen Politiker aber, die sich, wenn auch nicht so exponiert und zentral, für den Beitritt eingesetzt haben, würden sich dem Votum beugen, zur Tagesordnung übergehen und blieben uns, ob dies nun als Trost oder Drohung empfunden wird, samt und sonders erhalten. Denn sie lieben ja die Macht - pardon, die ihnen übertragene Verantwortung zu sehr, ohne Wenn und Aber!

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