Virtuelles Arbeitsamt

Controller in München, Manager in Wien oder Sekretärin in Lustenau: Jobs über Jobs tummeln sich am Monitor und der forschende Blick wähnt sich im virtuellen Wunderland. Die absolute Verfügbarkeit des Stellenmarktes ist jedoch noch jung. Bis vor kurzem wäre so mancher Posten im Ländle Interessierten jenseits des Arlbergs verborgen geblieben. Aus einem simplen Grund, weiß Florens Eblinger, Geschäftsführer von Jobnews (www.jobnews.at), der heimischen Personalberater-Plattform im Internet: "Wenn ein Personalberater in den Vorarlberger Nachrichten inseriert, hatte bisher ein Wiener darauf keinen Zugriff. Die Leute können ja nicht alle Regionalzeitungen lesen." Im Internet dagegen seien die Inserate überall und rund um die Uhr abrufbar und blieben bis zu acht Wochen im Netz.

52 Personalberatungs-Unternehmen nützen mittlerweile den direkten Draht von Jobnews und rekrutieren im Internet Arbeitskräfte für mittlere und gehobene Posten. Für Arbeitssuchende bietet Jobnews neben 1.500 Inseraten auch Service: Nützliche Links, Coaching und Tips, damit die schriftliche Bewerbung auch online gut ankommt.

Vor allem die Kontaktaufnahme mit dem Unternehmen der Träume sei unkomplizierter geworden, freut sich Eblinger: "Jobsuchende können sehr schnell auf Angebote reagieren. Wenn man Lebensläufe und Daten schon im Speicher hat, braucht man nur noch das Deckblatt ändern und kann die Bewerbung gleich per E-Mail abschicken. Das ist ein großer Vorteil gegenüber den Printmedien - und dem langwierigen Postweg."

Daß sich der Stellenmarkt der Zukunft im World Wide Web und nirgendwo sonst versteckt, ist freilich kein Geheimnis. Zahlreiche private Anbieter naschen seit 1. Juli 1994 am Arbeitsvermittlungs-Kuchen mit und machen ihrer "Mutter", dem Österreichischen Arbeitsmarktservice AMS, Konkurrenz.

So bietet das Wiener Unternehmen "Jobs & Adverts" auf seinem "Jobpilot" (www.jobpilot.at) 80.000 Stellen weltweit, dazu 20.000 Praktika und die Erfolgsstories jener, die es geschafft haben. Job-Consult (www. job-consult.com) aus Hallein trumpft mit Job-Chats und einem Campus-Service für Studierende auf, die Grazer Arbeitsvermittlung Job-direct (www.job-direct.co.at) wirbt mit Unternehmenskontakten in Übersee und der Jobmonitor (www.jobmonitor. at) mit dem schnellsten Weg zu 24.000 Jobs. Besitzt die Online-Bewerbung für einen Kellnerjob noch den Touch des Innovativen, so ist sie in der EDV- und Telekommunikationsbranche gang und gäbe. Den expandierenden Stellenmarkt auf diesem Gebiet bedient DV-Job (www. dv-job.at).

Tatsächlich geht der Trend vom Zeitungsinserat zum Internet-Aviso. Zu diesem Schluß kommt auch eine Studie des Instituts für Publizistik an der Universität Wien, erstellt im Auftrag des AMS. Fazit: Drei Viertel der telefonisch kontaktierten Unternehmen halten Internet-Annoncen für "sinnvoll". 75 Prozent aller Bewerbungsgespräche und 60 Prozent der Einstellungen in diesen Firmen haben aufgrund eines Internet-Avisos stattgefunden. Und gut die Hälfte aller Stellen wird online publiziert. Auch die Zahl der virtuellen Jobsucher steigt stetig: So verzeichnete das AMS auf seiner Homepage (www.ams.or.at) im vergangenen Jahr eine Verdoppelung der Besucherzahl auf 3.400 pro Tag.

Wer ist er aber, der typische Jobsucher im World Wide Web? Er ist kein Technik-Ignorant, soviel ist sicher. Zudem ist er (noch) männlich, zwischen 20 und 40 Jahre alt, besitzt einen mittleren bis höheren Bildungsabschluß, ist zu exakt 50 Prozent arbeitslos - und kann die virtuelle Suche nur empfehlen. Das entnimmt man nicht nur den Antworten auf 6.000 Online-Fragebögen, sondern auch den Erfolgsstories im Netz: "Unglaublich. Via Printmedien nur Frust. Dann hier: eine Ausschreibung, 28 Zugriffe, sieben Kontakte, zwei Angebote. Irre."