Wer im Park des Schlosses Schönbrunn die große Allee vom Hietzinger Tor zum Schloß spaziert, wird mit einer höchst originellen „Millenniums-Ausstellung" konfrontiert: es handelt sich nämlich kaum um eine Ausstellung, sondern um eine als solche aufgemachte intellektuelle Anthologie.
Die tausend schemenhaft gestalteten Holzfiguren,-die in
dieser Allee stehen (auf dem schlichten Zementsockel mit Namen bedeutender Österreicher beschrieben) bilden nur das Umfeld für eine von hohen Leinenflächen gangartig gebildeten Sammlung von Zitaten vieler dieser berühmten österreichischen Persönlichkeiten. Von Oswald von Wolkenstein und Neidhart von Beuenthal, von Walter von der Vogelweide und Herzog Leopold VI. bis Gerhard Fritsch, Thomas Bernhard, Leopold Figl, Julius Baab und Bruno Kreis-ky wird die reale und geistige Geschichte Österreichs auf faszinierende Weise aufgerollt. Zitate von und über Mozart, Schubert, Johann Strauß, Anton Bruckner, Arnold Schönberg, von diversen Habsburgern und über die Habsburger, von Staatsmännern, aber ebenso über Staatsmänner, werden als geradezu aufregende Lektüre angeboten.
Dabei kommt es zu vielen geistreichen, treffenden und oft auch sehr witzigen Pointen. Etwa von Moissi: „Ich möchte an jedem Ort das sein, was dort am schönsten ist: also in den Dolomiten eine Kuh und in Wien ein Burgschauspieler" (seit Peymann leider überholt). Bichard Tauber: „An einem Regentag im Salzkammergut erhole ich mich besser als bei zwei Wochen Riviera." Oder Franz Schalk: „Jedes Theater ist ein Narren haus, aber die Oper ist die Abteilung für Unheilbare." Die Bonmots sind elegant und zielen todsicher, so Karl Kraus über Sigmund Freud: „Ihm gebührt das Verdienst, in die Anarchie des Traums eine Verfassung eingeführt zu haben. Aber es geht darin zu wie in Österreich."
Man wird an Österreichs Geschichte erinnert, etwa mit Egon Friedells glänzender Charakterisierung Metternichs, mit den erschütternden Worten Leopold Figls von 1945. Die Spannweite reicht bis Karajan, Qualtinger, Jean Amery bis Karl Popper. Peter Weiser ist der Initiator und Gestalter dieser Schau: der aufregendste Kilometer, den ich seit langem zurückgelegt habe.
