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Der Zarewitsch

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Im Raimundtheater spielt man die (1927 uraufgeführte) Operette von Franz Lehär: „Der Zarewitsch“ — und es ist weit mehr als ein Existenzberechtigungsnachweis des Theaters in der Wallgasse, ja mehr als ein solcher des Genres selbst, Man braucht die Operette, mag sie zehnmal tot sein, sie lebt immer wieder, wenn sie so gut und geschmackvoll und so im rechten Operettengeist gespielt wird wie hier. Erstaunlich und bravourös zugleich, wie man über die Fußangeln der Sentimentalität, der Handlungsferne hinwegkam und das Lebendige in Handlung und Partitur zu jener fröhlich-elegischen Entfaltung brachte, die der Operette, besonders jener des späteren Lehar, innewohnt. Das war Takt und Geschmack und Herz am rechten Fleck. Die Atmosphäre, von der Musik ausgehend, war in jeder Phrase, in jedem Melos da, von Meister Rudolf Bibl mit Kennerhänden serviert, der Text enthielt sich der gefürchteten „Modernismen“, die Darstellung war nobel. Ernst Schütz als Zarewitsch und Renate Lenhart als Sonja waren in ihrer Frische (und dennoch Verhaltenheit) ein Liebespaar, wie es schon lange keine Operette sah. Adolf Böhmer als Großfürst fesselte durch menschliche Wärme, Helmut WaUner und Beate Granzow stellten ein quicklebendiges Kpmiker-paar auf die Bretter (ihr würde man etwas mehr Stimme gönnen). Das Bmllett war groß in Form, besonders Trude Köhler und Franz Mulec. Und auch alle anderen gaben ihr Bestes. Für seine einfallsreichen Bühnenbilder hatte Ferry Wind-berger Szenenapplaus, die entzückenden Kostüme schuf Hill Reihs-Gromes, die Choreographie Rein Este. Das alles entfaltete sich in der Inszenierung von Walter Kochner zu einem einheitlichen und sehr stimmungsvollen Geschehen. Ein Separatlob verdient das Orchester, das unter Rudolf Bibl prächtig spielte. Leider gingen die Zwischenmusiken im ziemlich taktlosen Geplauder des Publikums unter. Trotzdem: eine Premiere mit aller Spannung und Hochstimmung und bester Qualität. Man muß weit zurückdenken an ähnlich gelungene Feste.

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