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Eine Vorstadt-Fledermaus

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Warum spielt das Raimundtheater die „Fledermaus“ von Johann Strauß? Ein sehr gescheiter Einführungsartikel des Direktors Marik gibt im (sehr pompösen und teuren) Programmheft darüber Auskunft: Das Wiener Vorstadttheater ist nicht ein abträglich gemeinter Begriff, sondern besitzt eine eigene kulturelle Atmosphäre. (Raimund, Nestroy, Millöcker usw.) Und diese Atmosphäre zu erhalten oder wiederzubeleben, rechtfertigt das Unternehmien, obwohl das Werk auch in Staatsoper und Volksoper gespielt wird. So weit, so gut, man war gespannt, besonders nach der schwungvollen Wiedergabe der Ouvertüre. Der Dirigent Rudolf Bibl blieb indes auch weiterhin der eigentliche Star des Abends, unter dessen Leitung der straußische Funke besonders im Orchester zündete. Aber dieser feurige Bogen vermöchte nicht alles Störende einzuschmelzen. Schon der Auftritt der Darsteller durch das Strauß-Denkmal hindurch ist bedenklich. Wenn jedoch nach dem Champagnergelage der (Gott sei Dank!) stocknüchterne Männergesangverein auf der Bühne steht und (von Karl Etti dirigiert) den Donauwalzer singt, weil der grad hundert Jahre alt wurde, ist die Wirkung störend, die Szene jedenfalls deplaziert. Von den Darstellern hatten Renate Lenhart (Adele) und Kurt Strauß (Alfred) schon von ihrer ersten Szene an gewonnen. Rolf Hobinger bemühte sich ernstlich um den- Rentier Eisenstein, ohne ihn ganz glaubhaft machen zu können. Besser gelang dies Adolf Böhmer mit dem Gefängsnisdirektor Frank. Eleonore Bauer entsprach zumindest figürlich der Rosalinde sehr gut. Den Prinzen Orlowsky stellte Ernst Schütz als typischen Operettenprinzen dar, ohne persönliche Züge. Gerdagos Kostüme konnten sich sehen lassen, Ferry Wind-bergers Bühnenbilder mit Ausnahmen ebenso. Alfred Walters Inszenierung schien uns etwas zu sehr vom Musical her inspiriert Das

Ballett brachte m den Nationaltänzen hübsche Farben und Figuren, erhält aber sein Besonderes wie stets durch Trude Köhler und Franz Mulec. Den Gerichtsdiener Frosch stellte Willy Popp dar. Man muß ihn nicht mit Girardi vergleichen, dann war seine Leistung eine ganz respektable. Resümee: das Wiener Vorstadttheater in seiner Bedeutung ist durch diese „Fledermaus“ nicht wiedererstanden.

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