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Auftakt mit Smetana

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Die Volksopernpremiere von Sme-tanas „Verkaufter Braut“ trug diesmal einen besonders festlichen Charakter, da die Aufführung im umgebauten Haus am Währinger Gürtel stattfand, das heuer sein 75jähriges Bestands Jubiläum feiert. Als Prosabühne im Dezember 1898 mit Kleists „Hermannsschlacht“ eröffnet, wandelte es sich bereits 1902 unter der Direktion Rainer Simons in ein Operntheater um, in dem im Laufe der folgenden Jahrzehnte bedeutende Dirigenten- und Sängerpersönlichkeiten auftraten und zahlreiche Erstaufführungen stattfanden, kurzum, ein Musiktheater entstand, das aus dem Musikleben Wiens nicht mehr wegzudenken ist. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde eine Neugestaltung und Erweiterung des Bühnenbaues, der Proben-, Garderoben- und Direktionsräume vorgenommen, während der in der Hitler-Ära durch Einbau einer großen Mittelloge im ersten Rang etwas veränderte Zuschauerraum seine Gestalt beibehielt. In den heurigen, diesmal verlängerten Sommerferien wurde nun auch der Zuschauerraum einer — und es sei gleich vorweggenommen — sehr vorteilhaften Umformung unterzogen. Zu dem kühl wirkenden Weiß der Plafonddecke kontrastiert das wärmende Dunkelrot der Tapezierung der Wände und Logen, die Bestuhlung wurde erneuert und dabei durch Vergrößerung der Sitzbreite sowie durch Ausdehnung der Reihenabstände der Bequemlichkeit des Publikums Rechnung getragen, die Entfernung der Mittelloge ermöglichte die Schaffung einer größeren Anzahl von Sitzplätzen und — was besonders ins Gewicht fällt — der Orchestergraben wurde seitlich und durch Ausdehnung zum Zuschauerraum hin erweitert. Verbesserungen erfuhren auch die Bühnenlichtanlagen durch Einbau von Beleuchterständen im 1. Rang, die Lautsprecher- und Verstärkeranlagen sowie die Frischluftzufuhr wurden einer gründlichen Überprüfung unterzogen. Für leibliche Genüsse des Publikums sorgen ein neu eingerichteter Büfettraum und der Rauchsalon dm 2. Rang.

Auch mit dem im allgemeinen erfreulichen Niveau der Aufführung zeigten sich die das Haus bis auf den letzten Platz füllenden Zuhörer zufrieden, und ihrem Urteil kann sich, wenn auch mit einigen Einschränkungen, die Kritik anschließen. Lob verdient der von Franz Bauer-Theussl betreute musikalische Sektor; der Dirigent nahm sich mit viel Empfinden, kultiviertem Geschmack und vor allem mit einem dieser Partitur gerecht werdenden Musikan-tentum des Werkes an, und seiner impulsiven, elastischen Zeichen-gebung folgte das mit großer Exaktheit spielende, schöne klangliche Homogenität aufweisende Orchester. Und wenn nicht alles täuscht, hat sich der Umbau auch für die Akustik des Hauses vorteilhaft erwiesen.

Für die Regie wurde Richard Blet-schacher von der Staatsöper geholt, er hat in loser Anlehnung an die dortige, seinerzeit von Rennert besorgte Inszene gute Arbeit geleistet, namentlich, was die Spielbeteiligung und Beweglichkeit des Chores und der Statisterde anbelangt.

Bei den hübschen, das Milieu richtig einfangenden Bühnenbildern hat man insofern eine Anleihe an das Haus am Ring genommen, als die dort gebrauchten Originaldekorationen Leni Bauer-Eczys für die kleinere Spielfläche der Volksoper von Walter Hoeßlin eingerichtet wurden. Berechtigten Anteil an dem

Premierenerfolg hatten der von Franz Gerstäcker einstudierte Chor und das von Gerhard Senft choreo-graphierte Ballett, das sich in der Polka des ersten, noch mehr im Fu-riant des zweiten Aktes auszeichnete.

Eine Trübung des in seiner Gesamtheit guten Eindruckes der Aufführung brachte die Besetzung zweier der drei männlichen Hauptrollen. Josef Hopferwieser, in Frankfurt engagiert, war ein mäßiger Hans, der über die matte Mittellage seines Tenors mit einer etwas besser ansprechenden, vom G bis zum B reichenden hohen Terz hinwegtäuschen wollte. Was allerdings nur teilweise gelang. Trotzdem schnitt er noch günstiger ab als Carlos Feiler, der als Kezal fehl am Platze war. Diese saftige Buffopartie verlangt einen gewichtigen, richtig dunklen Baß und nicht einen schmächtigen Baßbariton ohne jede Tiefe, wie ihn dieser Sänger aufweist. Im Ensemble war er an einigen Stellen überhaupt nicht zu hören. Im Spiel ließ der Gast — oder sollte es sich um ein wenig glückliches Engagement handeln? — klischeeartige Routine, aber kaum naturgewachsene Komik merken, die beim Publikum nicht recht ankommen wollte. Weitaus besser war es um den dritten männlichen Hauptakteur bestellt, um Erich. Ku-char, der als tüchtig stotternder Wenzel die Lacher auf seiner Seite hatte und auch das Lob seines Mütterleins brav zu singen verstand. Die Nebenrollen, Kruschina und Micha, waren bei der heimischen Volksoperngarde der Herren Gutstein und Korn in guten Händen, Ossy Kolman mimte einen passablen, böhmakeln-den Schmierendirektor, doch scheint ihm die Komik eines Njegus in der „Lustigen Witwe“ besser zu liegen als die des peitschenknallenden Zirkusgewaltigen.

. Zum Schluß sei das Beste erwähnt, das die Premiere an Solisten zu bieten hatte: Renate Holm hat sich mit der Marie eine neue, ihr ausgezeichnet liegende Partie erarbeitet. Ihrem nicht sehr großen, aber schön timbrierten und mit viel Kultur eingesetzten Sopran kommt die immer präsente Intensität ihres Vortrages zustatten, der aparte Reiz ihrer Kopftöne tut ein übriges dazu, daß die Künstlerin in ihren beiden Arien und im Duett mit Hans die vorzüglichste, mit berechtigtem Separatapplaus belohnte Leistung des Abends erbrachte. Gerda Prochaska und Elisabeth. Sobota assistierten als Gattinnen Kruschas und Michas, reizend in Spiel und Gesang präsentierte sich Diana Henery als Tänzerin Esmeralda. Über eine Viertelstunde lang mußte am Schluß der Vorhang über alle an der Premiere beteiligten Mitwirkenden auf- und niedergehen.

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