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Lohengrin und Lustiee Weiber

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Die kontinuierliche Arbeit und die gründlichen Proben, die den neubesetzten Werken zuteil werden, beginnen Früchte zu tragen: Es gab in der Staatsoper seit Beginn der neuen Spielzeit keinen Versager. Die „Lohengrin“-Aufführung am vergangenen Sonntag abend war ein Volltreffer. Unter Andrė Cluytens war er zu erwarten gewesen — aber der Dirigent allein tut’s freilich nicht, obwohl man in jeder Minute, die er mit dem Orchester allein musiziert, seine Liebe zu Wagner spürt und sich die Intensität seiner Führung auf den Zuschauer als Spannung und als das überträgt, was die Römer „incantatio“ nannten. Die Philharmoniker spielten in Premierenbesetzung, und es klang dementsprechend: zauberhaft.

Die Titelpartie sang Wolfgang Windgassen: mit so klugem und diszipliniertem Einsatz seiner Mittel, daß die Romerzählung am Schluß zum organischen Höhepunkt wurde.

— Gerhard Nienstedt (König Heinrich) ist ein junger Sänger mit bemerkenswertem Stimmaterial; die Tiefe wird mit den Jahren zunehmen. Gustav Neidlinger (Tel- ramund) wurde, der Anlage seiner Rolle entsprechend, immer expressiver und dramatischer, Eberhard Wächter war ein stimmlich wie figūrai imposanter Heerrufer. — Das Beste zum Schluß: Elisabeth Grüm- mer sang die Elsa mit edlem Wohllaut und verhaltenem Ausdruck (was sich aber keineswegs auf ihr Stimmvolumen bezieht). Einer der schönsten Altos, die wir seit langem hörten, ist Ruth Hesse (Ortrud) von der Deutschen Oper Berlin. Leider waren die Augen der hübschen jungen Dame so stark geschminkt, daß es aussah, als trüge sie eine Sonnenbrille. Zu agieren hat sie ja leider nicht viel. Leider, denn sie hat Spieltalent.

Und damit sind wir bei der Inszenierung Wieland Wagners, die, von kleinen Manierismen abgesehen, von Mal zu Mal gewinnt. Auch das Bühnenbild wird schöner. (Die Kostüme waren es immer schon.) Apropos „Manier“: Es wirkt wirklich ein bissel komisch, wenn Tel- ramund zu Beginn des zweiten Aktes am Fuß des fünf Meter hohen Turms sagt: „Erhebe dich, Genossin meiner Schmach!“ und beide stehen friedlich nebeneinander davor. — Der Mannenchor war in tadelloser soldatischer Ordnung, dagegen sangen die brabantisehen Frauen und Jungfrauen zu Beginn ein wenig zaghaft. Doch gewannen auch sie später Fülle und Sicherheit. H. A. F.

In einer teilweisen Umbesetzung der „Lustigen Weiber von Windsor“ von Otto Nicolai (Volksoper) debütierte Oskar Czerwenka als Sir John Falstaff. Durch eine stimmliche Indisposition leider beeinträchtigt, gelang es ihm dennoch, eine saftige Figur voller Leben zu schaffen, sie unter Wegfall des überdimensionalen Bauches menschlich glaubhaft darzustellen. Er hatte dabei keinen leichten Stand gegen Ingrid Paller als Frau Fluth, die durch ihre Erscheinung, ihre füllige, gut geführte schöne Stimme und durch die natürliche Grazie ihres Spiels, das direkt aus der Musik zu kommen schien, die Szene beherrschte. Sonja Draksler als Frau Reich blieb trotz guter Leistung ein wenig in ihrem Schatten. Adolf Dallapozza spielte den Fenton nicht halb so gut als er ihn sang, dagegen hatte Monique Lobasä als

Jungfer Anna vollen Erfolg und im dritten Akt sogar einen Höhepunkt gesanglicher Schönheit. Lothar Ostenburg als Herr Fluth bot eine runde Leistung, Alois Pernerstorfer als Herr Reich hielt sich mehr an die Routine, sie mit dem Wohlklang seiner dunklen Stimme deckend. Das Ballett kam groß in Szene und wurde, wie auch die Sänger, mit Sonderbeifall belohnt, der gewiß auch den schönen Kostümen galt. Der Chor war in der Trinkszene am besten. Der musikalische Leiter Dietfried Bernet hatte Orchester und Sänger in ruhiger sicherer Hand und war somit teilhaftig an ihrem Erfolg.

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