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Lisa und Pariserin

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In dem musikalischen Lustspiel „Lisa, benimm dich!“ von Peter Fabricius, Ernst Friese und Rudolf Weys mit der Musik von Hans Lang, das infolge seiner Leichtgewichtigkeit noch ziemlich obenauf in der Schublade lag, hat das Raimundtheater sein tüchtiges Ensemble nicht um einen internationalen Star herumgestellt und wie gewöhnlich an die Wand spielen lassen, sondern die eigenen Kräfte dort eingesetzt, wo sie, wie man sich gerne überzeugen ließ, hingehören. Inge Karsten hat ihre drei Lisa-Rollen: die Dame, das verwahrloste Mädelchen und ihre eigene Großmutter, mit ebensoviel Talent wie Charme gespielt und das Nichts der Handlung zur psychologischen Studie gemacht, in allen drei Verkörperungen, besonders natürlich in der einer ungezogenen Range, den Baron (Rudolf Bary) mit dem ganzen Publikum erobert. Axel Skumanz, dem auch die Inszene oblag, war ein nobler Kammerdiener und als der einzige nicht aus der Ruhe zu bringen. Das Tanzpaar Trude Köhler und Franz Mulec überraschte als „zweites Paar“ in doppeltem Sinn: durch die ihnen ungewohnten Sprechrollen und durch die Geschicklichkeit, mit der sie diese Aufgabe lösten. Birgit Patvlik war eine verwöhnte Tochter, Maria Wald eine rabiate Köchin, und der Briefträger des Franz Pfister wie von der Straße auf die Bühne gestellt. Die vier Beamten des Annoncenbüros waren vielleicht gute Sprechrollen gewesen, an und mit der Musik gerieten sie daneben. Die Musik gibt sich nicht anspruchsvoll; sie plätschert nett dahin, erinnert an vergangene Schlager, ist sauber und gekonnt — und nicht auffallend. Die Bühnenbilder von Hans Sedmig waren wie die Kostüme von Karl Herrmann und Josefine Marik freundlich und korrekt. Natürlich wurde getanzt und gesteppt, bei Köhler und Mulec wartete man ständig darauf und applaudierte festlich. Leopold Grossmann als Dirigent verstand das Orchester zu animieren und ihm rhythmischen Schwung zu geben. Das Publikum fühlte sich einig mit den Darstellern und dankte mit reichem Beifall. F.K. *

Diese „Pariserin“ von Henri Becque war 1885 in Paris eine Sensation wegen ihrer „Freimütigkeit“ und wurde 1901 auch am Wiener Volkstheater gespielt. Vor acht Jahren hat sie N. 0. Scarpi übersetzt, Paul Burkhard, der erfolgreiche „Feuerwerk“-Komponist mit Musik ausgestattet und Fridolin Tschudi mit Chansontexten garniert. So wurde sie als „musikalische Komödie“ in Zürich uraufgeführt. Nun brachte sie ein Schweizer Theater-Gastspiel aus Basel auch ins Theater an der Wien. Die Bearbeiter bezeichnen das ganze Stück als ein Chanson in drei Akten. Aber es ist leider kein sehr unterhaltsames, kein sehr witziges Chanson, sondern eine eher brave Unterhaltung über ein frivoles Sujet: die schöne, nicht mehr ganz junge Claudine, Gattin Julien Du Mesnils, zwischen ihrem ständigen Liebhaber und den beiden jungen Playboys Yves und Eustache.' Interessant war die Wiederbegegnung mit Elfie Mayerhofer, die singend und agierend ihr Bestes tat, um dieser Basler Komödie einen Hauch von Pariserischem zu verleihen. Eine gute Charakterstndie lieferte Herr' Dornseif als Gatte, stark Chargierte Otto Stern als Hausfreund und recht gefällig waren die beiden jungen Herren Richter und Höfler. Lydia Weiß in der Rolle des Kammerkätzchens Suzette ist eine ursprüngliche Spielbegabung, brachte aber — wahrscheinlich dank der Regie von Peter Schute — einen Hauch Provinz auf die Bühne. Das Hübscheste an der Aufführung: die elegante und farbfrohe Ausstattung von Fritz Butz sowie die Idee, das unter der Leitung von Günther Scherzer spielende Ensemble mit Kammerorchester mit zwei Flöten, zwei Klarinetten, Schlagbaß, Gitarre und Klavier zu besetzen. Was hätte man alles aus diesem Instrumentarium herausholen können! Aber Paul Burkhard tat es leider nicht. Das Premierenpublikum unterhielt sich trotzdem gut.

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