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Volksoper, Kammeroper

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Seiner Handlung wegen wäre das Stück kaum je auf die Bühne gekommen. Die interessanteste Geschichte steht nur im Programmheft und handelt davon, wie die ehrgeizige Frau Jetty Strauß ihren thea- terfremden Gatten zum Operettenkomponisten machte; sie ließ um seine Walzer und Polkas eine Handlung bauen. „Indigo und die 40 Räuber“ hieß der Erstling von Johann Strauß und man raunte schon damals, die 40 Räuber hätten als Librettisten mitgearbeitet. Nach weiteren Umarbeitungen hieß das Stück endlich „1001 Nacht" und wurde ein großer Erfolg. Die Textfassung von Stein und Lindau wurde von Rudolf Österreicher wieder bearbeitet und in der musikalischen Einrichtung von E. Reiferer und Nico Dostal kam das Werk nun in der Volksoper neu poliert auf die Bretter. Die Musik ist immer noch von Johann Strauß und, darin liegt der Wert des Stücks.

Unterstützt wird die Wirkung der Musik durch die sehr hübschen Bühnenbilder von Wolfram Skalicki, die farbenfrohen Kostüme von Elli Rolf und die geschickte Inszenierung von Adolf Rott. Als Soliman und Mossu stellt Peter Minich einen gelegentlich überforderten Mann dar, während Mary O’Brien (Leila) wenigstens stimmlich und Monique Lobasa auch darstellerisch bestes Format einzusetzen haben. Die Komiker, Erich Kuchar (Oberzeremonienmeister) und Herbert Prikopa (Haremswächter) tun ihr Möglichstes, und man spürt, wieviel mehr noch in ihren Möglichkeiten läge, hätten sie nur Gelegenheit dazu. Wolfgang Zimmer und Friedrich Nidetzky (Ormuz und Großvezier) sind in ähnlicher Lage: sie tun das Möglichste.

Wesentlich beteiligt am Erfolg ist das Ballett, dessen Tänze in der Choreographie Dia Lucas in jeder Hinsicht sehenswert sind. Orchester und Chöre klangen unter der Leitung von Franz Bauer-Theußl beschwingt und exakt. Ersteres hatte die Substanz des Abends zu tragen und war daher gelegentlich ein wenig zu lautstark beteiligt. Über alle Einwände hinaus aber gaben Spiel, Kostüme, Dekoration der Musik ein optisches Kolorit, das ihr nicht fremd war und mit ihr zu einer Einheit verschmolz, die den Beifall des Publikums sicherte.

Das Altwiener Singspiel „Betrug durch Abergluaben“ von Karl Ditters von Dittersdorf, Text von F. Eberl, ist die letzte „Ausgrabung“ der Wiener Kammeroper. Die textliche Neubearbeitung ist von Alexander Giese, die musikalische von Hans Gabor. Man kann von Schatzgräbern nicht bei jedem Griff einen Goldklumpen erwarten und so ist auch dieses Stück ein schwächeres, das selbst durch einige wirklich komische Gags der Darstellung die allzubreit ausgespielte Gespenstergeschichte und ihren spannungslosen Ablauf nicht interessanter macht. Da auch der netten, aber ebenso spannungslosen Musik das Dramatische ebenso fehlt wie das Komische, blieb nur der gute Wille zum Amusement, der, wenigstens zeitweise, durch die Darstellung auf seine Kosten kam. Da ist vor allem Marita Kral, das Kammermädchen, das Stimme und Theaterblut besitzt, da ist Eva Roland als Wirtschafterin, eine ernstzunehmende Talentprobe, da sind Bühnenbilder von Wilhelm P. Kortner, die dazu passenden Kostüme von Lucia Listopad und einige origi nelle Regieeinfälle von Bernd Fischerauer. Kirsten Vaupel, die Tochter des Barons, ist ein freundliches Versprechen, in der Erscheinung etwas mehr. Die Herren (Horst Meyer-Edler, Gerhard Cary, Ferdinand Hall, David Kehoe) verbleiben im Durchschnitt des kammeroper- lichen Niveaus. Letzterer, vor allem aber der Notarių des Dieter Schreer, wachsen gelegentlich allerdings darüber hinaus. Dirigent und Orchester (des Österreichischen Rundfunks) geben der Musik das ihre. Die Aufführung hatte ausgesprochenen Studiocharakter. Es gab schon viel früher höherstehende Leistungen. Wir erinnern an „Signor Bruschino“ von Rossini u. a. und erwarten Ähnliches von den nächsten Premieren.

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