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Kleine Buffonerien
Die Wiener Karnmerppey erfreut ßicb Ihi Schönbrunner Schloßtheater alljährlich zur Sommerzeit eines internationalen Publikums. Und sie erfreut dieses Publikum durch immer wieder neue alte Operchen, die der künstlerische Leiter Hans Gabor der Mottenkiste entreißt und zu neuem Leben erweckt. Das sind nun keine Staatsopernaufführungen, sondern eher ein Kontrapunkt zu ihnen: eine winzige Bühne, anstatt weltberühmter Stars junge Künstler in erster Bewährung, ein bewegter Spielplan mit erstaunlich wenig Geld, das ebenso wie der letzte künstlerische Schliff durch ehrliches Animo ersetzt wird. Das internationale Publikum weiß das längst und strömt nach Schönbrunn, an Schloß und Park den riesigen Rahmen des winzigen Theaterchens ebenso genießend wie die kleinen Buffonerien.
Drei solcher „Kleinigkeiten” bietet die Kammeroper in diesem Sommer: „La fintą semplice” des zwölfjährigen Mozart, „II geloso schernito” (Der Ehemann als Liebhaber) von Giovanni Battista Pergo- lesi, und „Die beiden Pädagogen” von F elix Mendelssohn-Bartholdy. Letzteres Singspiel wurde aus dem Jahresspielplan vom Haus am Fleischmarkt übernommen, die beiden andern sind Schönbrunner Novitäten. Das Intermezzo von Pergolesi, wahrscheinlich eines der ersten seiner Art überhaupt, ist voll blühender Musik, die von den Darstellern seiner zwei Rollen, Ernst Scheurecker und Inge Kersten, sehr hübsch gesungen, vom Wiener Rundfunkorchester unter der Leitung Hans Gabors mit der nötigen Zartheit und Munterkeit gespielt wird. Text, Bild und Regie brauchen alle Phantasie des Zuschauers, um genießbar zu sein. Mendelssohns „Die beiden Pädagogen” (bereits anläßlich der Winteraufführung besprochen) kam da ganz anders an. Die wienerische Färbung der Sprache dürfte ein Einfall des Regisseurs Gandolf Buschbeck sein. Kurt Strauß hatte seine große Rolle und dürfte etwa ein Qualtinger der Oper werden. Die wichtigste der drei Operchen aber ist „La fintą semplice” von Mozart, in der (nicht sehr glücklichen) Bearbeitung von Kurt Dieman „Die Liebeslist” genannt. Der Text ist typisch für die ganze Art der Buffooper: Ein Mädchen bringt Verwirrung in eine Gesellschaft, macht zwei weiberfeindliche Brüder in sich verliebt und hilft einem Verliebten zu seinem Schatz, sich selber dabei natürlich auch. Rückschauend von Mozarts Gesamtwerk, staunt man über die Fülle von Andeutungen späterer Meisterschaft. Die Musik charakterisiert noch nicht, zeigt jedoch eine Gewandtheit in Form und Stimmung und Instrumentierung, wie sie eben nur dem „Wolferl” eigen war. Die Darstellung hatte gutes, wenn auch nicht überragendes Niveau. Anna Maria Engels, Lucienne Van Deyck und Coletta Warren (letztere darstellerisch am besten) teilten sich in die Frauenrollen, Gabor Gaal, Joachim Siemann, Dietrich Stephan und Werner Schibel in die männlichen. Das weiberfeindliche Brüderpaar Polidoro und Cassandro (Siemann und Stephan) war ausgezeichnet kontrastiert. Hans Gabor hatte bei allen drei Werken die temperamentvolle und zugleich diskrete musikalische Leitung des durchaus beschwingt spielenden Rundfunkorchesters. In Bild, Regie und Kostümen wirkten Lucia Listopad, Gandolf Buschbeck, Ernst Pichler und Maxi Tschunko.
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