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Danton, Capriccio, Kammeroper

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Aus den 29 Szenen von Georg Büchners Drama „Dantons Tod“ hat Boris Blacher unter Mitarbeit des Komponisten ein gestrafftes Opernlibretto gemacht, das Gottfried v. Einem 1944/45 komponierte. Die Neueinstudierung dieser Oper (Theater an der Wien) stellt einen der profiliertesten Beiträge des Festwochenprogramms dar. Einem hat den Worten Büchners die tönende Leuchtkraft gegeben, die sie aus dem Augenblick in symbolhafte Dauer hebt. Die Musik ist nicht Ausdruck im roman-rtfMfftnsSmn/äafoh Siegel emotioneller Keäft(e'; in1 und hinter den Worten. Den erfolglosen Kampf• “gegen die Diktatur erleben wir in Danton (von Eberhard Wächter als leidenschaftlicher, doch müdgekämpfter, die Niederlage schon im Kampf erkennender, daher tragischer Mensch gestaltet); in Camille Des-moulins, der weder den Verlust des Ideajs noch den des Lebens mit Würde zu tragen weiß, von Donald Grobe in rührender Menschlichkeit verkörpert), darin von seiner still liebenden, doch todesmutigen Gattin Lucile (Sonja Schöner) überboten. Gerhard Stolze als kalter Gegenspieler Robespierre, der von Tugend spricht und dahinter die Diktatur erstrebt, wird oft mit einem einzigen Ton charakterisiert. Gestalten aus dem Volk: der Schuster Simon, Souffleur (Karl Schmitt-Walter) und sein Weib (Elisabeth Höngen), die beiden Henker (Terkal und Knapp) und schließlich das Volk selbst als Chor sind der äußerst vielgestaltige und wechselnde Kontrapunkt zum Helden des Stückes, dem Gedanken der Freiheit. Die einheitliche Leistung auf hoher Ebene aller Beteiligten darf als vorbildlich bezeichnet werden, einschließlich des Orchesters (Wiener Symphoniker) und seines Dirigenten Ferdinand Leitner.

Das Wort-Ton-Problem der Oper selbst um Gegenstand einer Opernhandlung und -musik zu machen, wie es im „Capriccio“ (Konversationsstück für Musik) der Fall ist, konnte nur einem Meister wie Richard Strauss gelingen. Gegen die Meinung des Komponisten selbst, der es als einen Leckerbissen für kulturelle Feinschmecker bezeichnete, war der Erfolg schon bei der Uraufführung am 28. Oktober 1942, also mitten im Krieg, ein durchgreifender. Daß hinter dem Plauderton der Handlung (musikalisch bereits im „Intermezzo“ vorgebildet) sehr ernste Gedanken und Schicksale verborgen sind, wird in der Person des Theaterdirektors La Roche deutlich, dessen große Szene in Otto Wieners Verkörperung der Höhepunkt des Abends war und ans Tragische streifte. Neben ihm und der Gräfin (Elisabeth Schwarzkopf) blieben die anderen Gestalten trotz hervorragender gesanglicher Leistung ein wenig im Schatten: der Komponist Flamand (Waldemar Kmentt), der Dichter Olivier (Hermann Prey), die Schauspielerin Clairon (Dagmar Naaff). — Inszenierung (Rudolf Hartmann), Bühnenbild (Robert Kautsky) und Kostüme (Charlotte Fleming) waren dem Konversationsstück von 1755 angepaßt, für die Einstudierung der Tänze zeichnet Willy Franzi. Das Orchester unter der Leitung ion Georges Pretre ließ sich weder die melodischen noch die kontrapunktischen Schönheiten der Partitur entgehen und musizierte con animo, ohne je die Sing-•timmen zu überdecken.

„Die Mitschuldigen“, eine Oper in drei Akten nach dem gleichnamigen Lustspiel von Goethe, Musik von Helmut Riethmüller, brachte der Wiener Kammeroper im Schönbrunner Schloßtheater schöne Erfolge. Die Musik geht mit dem Goetheschen Werk sehr pietätvoll um, das heißt, sie beschränkt sich zumeist auf Untermalung und Unterstützung des Textes, dies allerdings auf eine sehr elegante und gekonnte, polyphon durch-flochtene Art, die freilich kein persönliches Gesicht bekommt. Die Szene wird von Solle/, dem ungeratenen Schwiegersohn des. Wirtes, jieh.errgcM, wfö gjffe Heinz Pefejs mit ebensoviel 'Charme wie Talent besorgte. Seine Frau, die ängstliche Sophie, unglücklich über die Spielleidenschaft ihres Gatten, besucht doch ihren im Wirtshaus abgestiegenen Freund Alcest nachts auf seinem Zimmer. Heide Maria Ferch macht das mit nicht ganz überzeugender Scheu. Trotzdem bleiben die beiden unschuldiger als die anderen nächtlichen Besucher des Zimmers. Der Alcest des Erich Kren bleibt ein wenig steif in Haltung und Spiel, versucht dies stimmlich indes auszugleichen. Klaus Hufnagl als Wirt spielt an der Grenze der Karikatur und überschreitet diese gelegentlich. Dennoch ist die von ihm verkörperte Gestalt absolut einheitlich. Regie, Bild und Kostüme besorgte in vorzüglicher Weise Gandolf Buschbeck. Die Mitglieder des Rundfunkchores erwiesen sich auf der Szene als beweglich und tüchtig. Der Komponist dirigierte persönlich das Rundfunkorchester und wußte es sorgsam und beschwingt zu führen.

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