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Revidierte „Fledermaus“

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Hundert Jahre ist sie schon alt, unsere liebe „Fledermaus“ von Johann Strauß: Die Uraufführung fand am 5. April 1874 im Theater an der Wien stattl Aber es war damals kein „durchschlagender Erfolg“, wie man meinen möchte. Erst zwei Jahre nach der Premiere brachte sie es zur 100. Aufführung. Dazu mag der allmächtige Hanslick, der unfehlbare Danebentreffer, beigetragen haben, der diese reizendste aller Operetten als ein „Potpourri aus Walzer- und Polkamotiven“ bezeichnete. Aber ,Die Fledermaus“ trat trotzdem ihren Siegesflug an: durch England, Italien, Rußland, Skandinavien und Amerika. Und in Hamburg entdeckte 1894 ein junger Kapellmeister namens Gustav Mahler ihre Qualitäten und machte sie später sogar „hoftheater-f ähig“...

Was die Volksoper am vergangenen Samstag zeigte, war in mehrfacher Hinsicht eine revidierte Fassung. Prof. Fritz Racek hat im Rahmen der Johann-Strauß-Gesamtausgabe eine Neufassung nach der Originalpartitur hergestellt, und nach dieser hat Rudolf Bibl die Musik dirigiert.

Regie, Ausstattung und Kostüme gehen auf ein etwa 23 Jahre altes Konzept von Oscar Fritz Schuh zurück. Seine beste Qualität heißt: Natürlichkeit. Zum Glück hat er, was in einem Interview angedroht wurde (nämlich die .gesellschaftskritischen Aspekte“ herauszuarbeiten) nicht wahrgemacht. Wallte er dann zu guter Letzt nicht, oder ist es ihm nicht gelungen? Eine größere Beweglichkeit der Figuren, besonders im 2. Akt, wäre wünschenswert gewesen zumal der Regisseur bemerkenswert viel Spielraum für gesellschaftliches Treiben, Gesellschaftstanz und Ballett gehabt hat. Dafür kann er sich bei Walter Hoesslin bedanken, der in den Farben guten Geschmack bewies (nur das violette Rot — oder rote Violett — einiger Möbelbezüge harmonierte nicht recht mit den pa-stellfarbenen Wänden. Fred Adel-müller gelangen am besten einige wirklich elegante Fräcke. Aber auch die Tischgesellschaft beim Prinzen Orlofsky konnte sich sehen lassen. Manche Kostüme im 1. Akt harmonierten allzuwenig mit den Farben der übrigen Ausstattung. Dafür aber war das Gefängnis nicht so ungastlich, wie wir es oft gesehen haben.

Da wir vom Optischen sprechen: Hier bot die vorzüglich und glockenrein singende Ilonka Szep den erfreulichsten Anblick. Guggi Löwinger als ihre Schwester blieb ein bissei im Schatten. Mirjana Irosch behauptete sich in jeder Hinsicht bestens, ebenso Peter Minich als Eisenstein. Karl Dönch loben, hieße Eulen nach Athen tragen, hingegen muß Heinz Conrads Frosch, der so sehr zum Outrieren verführt, lobend hervorgehoben werden. Und wie Heinz Ehrenfreund, der elegante Gast aus dem Josefstädter Theater, die Partie des Orlofsky nicht nur agierte, sondern auch sang, das konnte jeden Kammersänger vor Neid erbleichen lassen.

Vorausgesetzt, daß alles noch ein bissei lockerer wird, kann man sich mit dieser revidierten „Fledermaus“ durchaus einverstanden erklären. Doch sollte man sich einen „Zeitraffer“ engagieren, denn von 19 bis 22.15 Uhr ist diese nicht immer espritvolle Sache ein bissei zu lang...

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