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Grafen und Lügner in Klagenfurt

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Klagenfurt hat einen geordneten Theaterbetrieb. Der Spielplan ist wenig aufregend, hat aber in seiner Verwirklichung Niveau. Di© Stücke gehen, das Publikum geht mit, die Rechnung auf — eine solide Gangart: und doch sähe man sich gern einmal einem Experiment gegenüber, das nicht nur in der Inszenierung, sondern auch in der Stückwahl in Erscheinung tritt.

Beginnen wir mit dem Publikumslieb- ling, der Operette. Einem überaus geglückten „Grafen von Luxem- b u r g“. der sich durch den neuen Tenor trefflich verkörpert fand nnd Thomas Kleiber als wertvolle Neuerwerbung auswies, folgte auf adeliger Ebene die „Gräfin Mariza“, von Gina Klitsch mit Temperament und Stimme, von Theo Knapp mit köstlichem Penizek-Spaß ausgestattet. „Zwei Herzen im Dreivierteltakt“ schlagen zu machen, gelang der Regie Schulze-Holz ausgezeichnet, doch konnten die relative Dürftigkeit der Musik und dis offenkundige des Buches nicht getarnt werden. Klangvoll nnd schön geriet Lehärs, mit der Oper liebäugelnd« „Giuditta", deren Melodien- fülle dem Orchester und besonders Thomas Kleiber weit entgegenkam.

Von dieser Operette zur O p e r ist nur ein Schritt, und da wir ihn hier tun, halten wir gleich den festlichen Auftakt fest, der uns mit „Don Giovanni“ gegeben war, von Gustav Wiese geführt, von Architekt Spurny in den eindrucksvollen Bildrahmen gestellt. Fred Würz erwies sich als mächtig singender Titelheld, Helmuth Conradt, als mozartnaher Leporello. Eine a’ är II. hatte man dem - Teartr ‘Wiese-Conradt- Spumy in der Durchführung, Donna Pe- gors in der Erfühlung der kleinen Frau Schmetterling zu danken. Lortzings „U n- d i n e“ in der Auslegung durch den Gastregisseur Franz E. Dostal stieß auf Unverständnis. fand aber auch eine Minorität von begeisterten Jasagern, denen das Marionettenhafte der Gestik und das Exerzierreglement für Chor. und Soli gefielen, von dem sich nur Gale Doss und Helmuth Conradt lösten. Spurnys einfallsfreudigeg Bühnenbild unterstützte die Absichten der Regie.

Einer Grenzlandbühne Hauptverpflichtung liegt im Sprechstück, das „auf Wunsch, der Befehl ist“, mit einem großangelegten, aber auch kleingekürzten

„W i l h e l m Teil“ unter Curt Hampes Regie über die Möglichkeiten lebte, mit Reginald Roses „Zwölf Geschworenen“ aber eine makellose Ensembleleistung bot. Trotz der Zahl keine Dutzendware, vielmehr ein sauberes, von Walther Nowotny betreutes Ineinandergreifen starker Einzelleistungen, von denen die Gegenspieler Hanns Eybl (Zweifler) und Raimund Kuchar (Vater), aber auch der ulkige Sportfan Albert Tisal erwähnt seien. Mit der „Rose Bern d“ stieg man tief ins Tragische, fand zwar Anerkennung, doch nicht ganz die erhoffte Resonanz, obwohl mit Astrid Lind- ners Rosé, Hanns Eybls Chr. Flamm und vor allem mit Herbert Stefans August Keil ganze Leistungen geboten wurden. Um Georg Buchers willen brachte man (leider) mit Billingers „Gigant“ — er ist längst keiner mehr — ein weiteres Verführungsstück, dessen Konstruktion und vordergründige Symbolik offen zutage liegen. Die guten Leistungen — Georg Bücher, Karin Schroeder, Inge Pusch, Hans Eybl und andere — konnten über das Mißlingen nicht hinwegtäuschen. Dem Jahresübergang diente „Der müde Theodor", der sich vital zeigte und jenen Spaß bereitete, den sich das Publikum von Georg Bücher erwartet hatte.

Die den Theater angegliederten Kam-

mefspiele hatten mit dem Kriminalstück „Die Falle“ in der Auslegung durch Hertha Fauiand, Raimund Kuchar und Hanns Eybl eine richtige Attraktion, in der Uraufführung von Heinz Zechmanns „Manfred und die Lüge“ eine sol- oahspdm negative ,Shwi. der Lüge,, die

wußten weder der Autor noch das Publikum etwas rechtes anzufangen. Da kam die österreichische Erstaufführung von Barry Conners Komödie „P a t s y“ ungleich besser weg. Man freute sich der amüsanten Teenagerei, die Silvana Sansoni die gut genützte Chance gab.

Schließen wir mit der Feststellung, daß unser Stadttheater dem Publikum Gelegenheit bot, in den Aufgängen und im Foyer die eigenwillige Kunst des Bildhauers und Graphikers Hllmut G a i ß- Bauer kennenzulernen und zu diskutieren, eines Künstlers, der Persönliches zu geben hat, auch wenn er den biederen Betrachter eher befremdet.

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