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Sommer in Flausenthurn

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Im Zuge der Wiedereinsetzung alter Operetten in den Spielplan der Musiktheater hält nun auch der „Walzertraum” von Oskar Straus fröhliche Urständ. Eigentlich hat er sogar, nach der Wiedergeburt der „Lustigen Witwe” Lehars, verhältnismäßig lang auf sich warten lassen, ist er doch nur zwei Jahre nach ihr, 1907, uraufgeführt worden und hat es zu einer heute märchenhaft anmutenden Zahl von Serienaufführungen gebracht. (Zur 600. erschien ein Taschenklavierauszug mit unterlegtem Text.) Einer der Großmeister der silbernen Operettenzeit, Straus, gehörte zu jener Komponistengeneration, denen die leichte Muse noch eine sehr ernste Kunst war. Das sichert, wenn etwas, dem „Walzertraum” die Operettenunsterblichkeit. Sentiment, romantische Verliebtheit, Standesunterschiede, wie sie die Handlung präsentiert — man mag es heute ablehnen; aber man wird sich dem Zauber der Musik, die an Aufbau, Architektur, Instrumentierung und Zügigkeit ein Meisterwerk ist, nicht entziehen können und wollen. Die Besetzung der neuen Premiere trug diesen Voraussetzungen vollauf Rechnung. Es wurde schön und gut gesungen (und gespielt) wie einst. Marianne Klos (Prinzessin Helene) geriet fast einen Ton zu ernst, aber um so tiefer ins menschlich Nahe, Rührende. Spiro Makri (Niki) war nie so gut als in dieser sehr viel Takt erfordernden, im wahrsten Sinn heiklen Rolle. Das Wiener Mädel Franzi wurde von Hilde Brauner mit unwiderstehlichem Charme verkörpert. Dieser Dreipersonenliebesgeschichte stand das Trio der Satire auf die Kleinstaaterei gegenüber, verkörpert von Adolf Böhmer (Joachim der Soundsovielte von Flausenthurn), Hans Peter Krasa (Graf Lothar, selber nach Thron und Prinzessin trachtend), beide von sehr unterschiedlicher, aber treffender Komik, und ihnen zur Seite die Oberkammerfrau Friederike von Insterburg, von Wanda Kobierska in verhalten-fröhlicher Schockiertheit ausgezeichnet dargestellt. Dazu in bunter Reihe die in richtiger, allzu großer Übertreibung ferner Operettenhaltung die lebendigen Alt- Wiener Figuren des Leutnant Montschi (Wolfgang Aichinger), der Tschinellen- fifi /Julia Drapal) und der hübschen Mädchen von der Damenkapelle. Alles war echt und konnte spielen und singen. Natürlich darf in einer Wiener Operette der Tanz nicht fehlen. Das Raimundtheaterballett stellte seinen „Mann”, Trude Köhler und Franz Mulec holten sich verdienten Separatbeifall. Das Orchester unter Rudolf Bibi spielte nicht nur animiert, sondern auch fein und präzise. Ferry Windbergers Bühnenbild baute Thron und Prater aus vielen kleinen (und größeren) Versatzstücken, Walter Kochner sorgte für eine lockere Inszenierung, Gerdago (Kostüme) und Rein Este (Choreographie) ließen sich entzückende Dinge einfallen. Das Raimundtheater hat seine große Operette und seinen verdienten Erfolg trotz der Hochsommerzeit und der Premiere am 5. August.

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