6690849-1962_37_13.jpg
Digital In Arbeit

Der Vogelhändler

Werbung
Werbung
Werbung

Karl Zeller (1842 bis 1898), Sektionschef im österreichischen Unterrichtsministerium und im Nebenberuf erfolgreicher Operettenkomponist, gehört mit Richard Genee und Adolf Müller jun. zur kleinen Trias der Operette des 19. Jahrhunderts (neben der großen der Suppe, Millöcker und Johann Strauß) und hat mit zwei Werken, dem „Vogelhändler“ und dem „Obersteiger“, Dauererfolge errungen, die bis heute nicht verblaßt sind, wovon die Wiederaufführung des „V o g e 1 h ä n d-ler s“ im Raimundtheater den überzeugenden Beweis liefert. Man hat die Partitur nicht „verbessert“ (sprich: verdorben); was musiziert wird, ist wirklich Zeller in Person und offenbart eine Frische und einen Reichtum, dessen altvaterische Echtheit sogleich zu Herzen geht.(Es war nämlich einmal so, daß Operettenmusik nicht nur die Beine, sondern vor allem das Gemüt bewegte.) An der Aufführung gibt es gewiß Mängel, im großen und ganzen aber muß man feststellen, daß die seriöse Wiedergabe der seriösen Komposition gerecht wird. Seit langem hatte man an einer alten Operette kein so „reines“ Vergnügen wie an dieser. Spiro Makri (Adam) und Trade Stemmer (Brief-Christi) beherrschen die Szene mit Charme und Brio. Edith Menzel (Kurfürstin) und Hans Peter Krasa (Baron Weps) wahren noch in den verzwicktesten Situationen ihre Standeswürde und noble Verhaltenheit. Karl Naumann ist allerdings mehr Stanislaus als Tenor. Else Rambausek hat hinreißende Momente, wenn auch nicht viele. Peter Hey und Josef Menschik als Schwanenhals und Hiegenbein bleiben trotz einiger Pointen im Schatten. Sie sind zuviel oder zuwenig Karikatur. Hervorragend das Solotanzpaar Trade Köhler und Franz Mulec. Die Choreographie (Rein Este) ist ansprechend und tanzt nicht über das Ziel hinaus, was die Wirkung sichert. Ferry Windbergers Bühnenbild weiß aus wenigem viel zu machen. Gerdagos Kostüme können sich sehen lassen. Und hören lassen konnte sich das Orchester unter der sicheren und zielbewußten Leitung von Rudolf Bibl. Die Regie (Tony Nießner) geriet vielfach allzu locker. Über das Textbuch (von West und Held) geht man am besten mit vergnügtem Augen-blinzeln hinweg, zumal es eine Musik inspiriert hat, der wohl der Johann Straußsche Schwung, aber nicht die Volkstümlichkeit und die echte Wiener Atmosphäre mangelt und deren Melodien wir heute ebenso nachsummen, wie es seinerzeit unsere Großeltern taten, die die Uraufführung am 10. Jänner 1891 miterlebten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung