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Dichter und Bauer

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Mit Franz von Suppes Operette „Dichter und Bauer“ hat das Raimundtheater, soweit es die Musik betrifft, einen guten Griff getan. Sie stützt sich auf eine von dem musikalischen (Neu)Bearbeiter August Waldenmaier aufgefundene Partitur eines Singspiels Suppes aus dem Jahre 1846 und auf einige Stücke aus heute vergessenen Werken des Komponisten. Unter den hübschen, die schwachen überrundenden Nummern lassen ein Liebesduett, ein einschmeichelnder Quartettsatz, ein kunstvoll eingeschmuggelter Kanon und vor allem zwei wirkungsvolle Motive der Quvertüre benützende Finali aufhorchen. Das Beste von allem ist aber die zündende Ouvertüre. Jedenfalls überragt die Musik des Werkes, das in der Bearbeitung Waldenmaiers als eine Uraufführung gelten kann, bei weitem das nach einem französischen Original zusammengestoppelte Libretto Ludwig Benders.

Die Story ähnelt — aber als schwacher Ableger — der Handlung der „Verkauften Braut“, indem sich der Dichter Hans Reimer seine Braut Helene um die Überlassung eines Bauernhofes zum Schein abkaufen läßt, der Oheim Helenes aber, der sie ihres Geldes wegen heiraten will, schließlich der Geprellte ist. Garniert wird das Ganze von einer Liebesgeschichte zwischen einem Bauernburschen und einer reschen Wirtstochter und einer alten Ballettmeisterin, die sich den abgetakelten Oheim angelt. Wohl im Gefühl, das schwache Textbuch etwas aufmöbeln zu müssen, hat sich der um Tempo bemühte Regisseur Alexander Pichler mit allen möglichen Gags, verwelkten Witzen, großem Choraufwand und einem beängstigenden Massenaufgebot von Balletteinlagen übernommen, so daß als wirklich guter Einfall nur eine von einer Wandertruppe aufgeführte „Lohen-grin“-Persiflage übrigbleibt. Dagegen hat die bewährte Teamarbeit, Windberger mit diesmal recht knalligen Bühnenbildern und Gerdago mit eleganten Kostümen und farbenfrohen siebenbürgischen Trachten, wieder gut funktioniert.

Das Ensemble hat seine besten Stützen in den Damen. Anna Goutos als Helene ist nicht nur eine glänzende Erscheinung und eine vive Darstellerin, sondern bewährt sich auch in ihrem Ruf als hauseigene Primadonna bestens. Eva Liljenrot macht ihrem hübschen Namen als resches, stimmbegabtes Wirtstöchterlein Ilka alle Ehre. Um tenoralen Glanz bemühen sich diesmal gleich zwei Herren, Ferenc Bajor, der den Dichter mimt, und der an sein Stammhaus zurückgekehrte Spiro Makri als Bauernbursch Florian. Wenn ihnen auch nicht alles klaglos gelingt, so sind sie doch den Tenören, die man ansonsten im Raimundtheater zu hören bekommt, weit überlegen. Für Humor und reichliches Lach-Tableau sorgen die Herren Kolmann und Liederer als lie-beskundige Lakaien, Gottfried Nowak steuert in seiner leiblichen Massigkeit einen unglaublich beweglichen, allen Situationen gewachsenen Hausknecht bei, Else Rambau-seks Vis comica weist in der Rolle der Ballettmeisterin Süßmilch wohl die Baßtöne einer Film-Sandrock, nicht aber deren feine Qualitäten auf; doch je derber und dicker sie aufträgt, desto besser kommt sie damit beim Raimundtheaterpublikum an.

Herbert Mogg bringt als guter Musiker für die Melodien Suppes den richtigen, nachschaffenden Spürsinn auf, nur mengt er den Schmissigkeiten der Ouvertüre zu viel Forte-Pfeffer bei und duldet ein wild gewordenes Schlagzeug. Das Orchester bemüht sich, die ihm innewohnenden — nicht ganz erstklassigen — Qualitäten möglichst gut zur Geltung zu bringen. Der am Gau-denzdorfergürtel gewohnt starke Premierenapplaus — unabhängig von der jeweiligen Güte der Aufführung — ließ auch diesmal nicht auf sich warten.

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