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„Rusalka“ und „Dreigroschenoper“

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„Rusalka“ , die Oper von Antonin Dvorak, hatte ihre zweite Premiere (die erste in der zweiten Besetzung) in der Volksoper. Der Text dieser zehnten Oper Dvo-räks ist eine tschechische Variante des Undine-Märchens, das nach dem Roman Ton Fouque auch Lortzing und E. T. A. Hoffmann als Oper komponierten, und das noch in Gerhart Hauptmanns „Versunkener Glocke nachklingt. Zu diesem Märchen schrieb Dvorak eine lyrische Musik, die zwar große Steigerungen aufweist, der dramatischen Wirkung aber dennoch zumeist entbehrt. Man wird allerdings, besonders im dritten Akt, durch die Schönheit dieser Musik entschädigt, die überall einen Meister der Instrumentierung bekundet. Die Titelrolle war durch Christiane Sorell in Erscheinung und Stimme trefflich verkörpert. Sie hatte die leichten Bewegungen der Nixe und die ichweren der liebenden und leidenden Frau. Unbekümmert (wieder in Erscheinung und Stimme) stellte Jean Cox den Prinzen. Eine Freude zu hören war Thomas O'Leary als Wassermann. Elisabeth Schwarzenberg hatte das Kalt-Dämonische der fremden Fürstin richtig dosiert und Sonja Draksler war eine Hexe wie aus Hansel und Gretel (leider verstand man von ihrem Gesang kaum ein Textwort). Alle anderen Mitwirkenden waren sehr gut plaziert und lösten ihre Aufgaben mit Lust und Können, besonders der Küchenjunge (Elisabeth Sobotka). Die Bühnenbilder von Josef Svoboda waren eine Überraschung und ein Beispiel, zweifellos von der „Laterna magica beeinflußt. Inszenierung (Vaclav Kaslik) und Choreographie (Dia Luca) boten nichts Uberwältigendes. Die Kostüme (Jan Skalicky) zeigten Geschmack und Farbsinn. Das Orchester unter Jaroslav Krombholc spielte besonders in den (vielen) lyrischen Weisen weich und differenziert, überspielte hingegen bei den Aufschwüngen gelegentlich die Sänger.

Wer nach 1945 einige Neuinszenierungen der sagenhaften „Dreigroschenoper von 1928 gesehen hat. der weiß, wie schwierig ihre Neubelebung in dem völlig geänderten sozialen Klima von heute ist. Es braucht wohl nicht daran erinnert zu werden, was alles an dieser Bettleroper von Brecht und Weill nicht mehr stimmt. Hans Jaray hat sich trotzdem an die Auf-

gäbe gewagt und etwas sehr Hübsches und Unterhaltendes, nämlich ein von Peinlichkeiten fast freies „Musical daraus gemacht. Hiefür schuf ihm Stefan Hlawa einen weiten Einheitsraum mit buntflammendem Hintergrund, davor eine hohe Brücke für den Titelansager und die Auftritte und Abgänge einzelner Darsteller. Darunter im Vordergrund, die bekannte halbhohe Brecht-Gardine, die meist von Schauspielern auf- und zugezogen wird. Das Orchester, ein wenig modernisiert, besteht aus zwölf Solisten, die ihre Sache mit Präzision und Temperament machen. Aber von wem wohl die Tempi stammen ? Ihre „Zügigkeit ist größtenteils wohl mit der Intention des Regisseurs zu erklären, und die heißt „Tempo! Tempo!“ . Trotzdem hätte man einzelne Nummern, so vor allem das den Händel-Stil parodierende Vorspiel, etwas gemächlicher nehmen können „Tempo, Tempo! war auch die Devise für alle Sänger-Schauspieler, für ihre Suada, ihre Auftritte, die vielen Szenenwechsel usw. So kommt keinen Augenblick das Gefühl der Länge oder gar der Langeweile auf. Die Besetzung der Haupt- und Nebenrollen ist zwar eigenwillig, aber immer interessant und abseits vom Klischee: Karl Michael Vogler als elegant-zynischer“ , Mftokie Messer und seine Partnerin Astrid Franff. müssen hier an erster Stelle genannt werden.' Diese Polly Peachum ist ein überaus adrettes, neugieriges und temperamentvolles Mädchen von großbürgerlichem Aussehen —-woran Brecht sicher seine Freude gehabt hätte. Um so wirkungsvoller der Gegensatz zur Spelunken-Jenny Grete Schörgs. Einen recht gemütlichen Jonathan Peachum gab Guido Wieland, nicht ganz in den Rahmen schien uns Else Rambausek als Frau Peachum zu passen. Gut als Typen und in der Darstellung: Robert Werners Polizeichef Brown, Liselotte Mraceks Lucy, die Mitglieder von Mak-kies Bande, die Konstabier, der Morita-lensähger u. a. Sie alle waren von Eva Sturminger sehr originell und amüsant ausstaffiert, einschließlich der leichten Mädchen, die dem Helden fast zum Verhängnis werden. Für gute Unterhaltung sorgte aber vor allem Rudolf Bibl, der mit seinem Ensemble den dankbarsten Part zu betreuen hatte, nämlich die geniale Partitur Kurt Weills.

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