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Versager...

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Über den Umweg von Kammermusik, Orchesterwerken, einigen Opern und Überbrettlscherzen kam Oscar Straus zur Operette, zu einer Zeit, die für diese Kunstgattung noch die „silberne“ war und dem Komponisten mit dem „Walzertraum“ einen internationalen Erfolg brachte. Das Textbuch hatte die routinierte Operettenfirma Dörmann- Jacobson zurechtgeschneidert. Und Straus hatte für die Vertonung dieses für die Jahrhundertwende typischen Librettos das richtige G'spür: Träumende, dem Operettentitel Rechnung tragende Walzerseligkeit, schmissige Marschrhythmen, einige ins Gehör gehende Liedeinlagen und wirkungssichere Tanzduette hat er' sich einfallen lassen, und sie verbürgten in geschickter Instrumentation einen über die hundert Vorstellungen hinausgehenden Serienerfolg nach der 1907 stattgefundenen Uraufführung im Carl-Theater. Nicht wie sonst bei älteren Operetten, hat das Raimundtheater diesmal zwar auf eine „Bearbeitung“ verzichtet, doch wurde die Premiere in einer das Original verfremdenden Atmosphäre herausgebracht. Zeit und Ort der Handlung sind mit „Um 1905“ und I „Fürstentum Flausenthurn“ angegeben; was aber die jetzige Premiere da herumgemodelt und hineingeheimst hat, verträgt sich nicht recht mit diesen Angaben und dem der damaligen Zeit entsprechenden „musikalischen Milieu“. Der Regisseur Karl Smazik hat mit den ihm genügend zur Verfügung stehenden Mitteln wenig zustandegebracht. Die an sich hübschen Dekorationen Ferry Windbergers stattet er mit ständig in Bewegung befindlichen Versatzstücken aus, ein meist unmotiviert eingesetztes Ballett, das diesmal mehr hopst als Tanzkunst zeigt, manche anachronistische Ungereimtheiten wie das Erscheinen von herumschnüffelnden „Geheimen“, die in die Franziszenische Zeit paßten, und eine größtenteils witzlose Dialogregie kennzeichnen das Versagen dieser Inszenierung. Nur der an einen Rummelplatz erinnernde Restaurationspark in Flausenthum bringt mit einem Massenaufgebot von Statisten und Chorpersonal in Allerweltskostümen Leben und Bewegung auf die Bühne. Das Orchester in Raimundtheaterqualität dirigierte Herbert Mogg.

In der Besetzung sind die Damen führend. Als Prinzessin Helene läßt Anna Goutos einen warmen, in der letzten Zeit auch technisch sehr vervollkommneten Sopran mit schönen Spitzentönen hören: im Ganzen der Lichtblick der Vorstellung. Wanda Kobierska, nobel im Spiel, assistiert ihr als liebeserfahrene Oberkammerfrau, Julia Drapal ist eine temperamentvolle Tschinellenfifl und verrät in ihrem draufgängerischen Elan die ehemalige Tänzerin. Vera Berzsenyi als Dirigentin der Damenkapelle bemüht sich, das freudvoll-leidvolle Geschick der kleinen Franzi Steingruber glaubhaft zu machen, wobei ihr ihr enragiertes Spiel mehr zu Hilfe kommt als ihre bescheidenen Stimmittel.

Von den Herren ist Adolf Böhmer, spezialisiert auf Serenissimusfiguren, ein um einen Stammhalter besorgter Flausenthurnscher Fürst, Hans Peter Krasa zeigt sich ihm ebenbürtig in gräflicher Geistespotenz, dem Hausminister leiht Gottfried Nowak seinen imposanten Leibesumfang. Leutnant Niki, die Hauptfigur, um die sich alles dreht, ist Ernst Schütz anvertraut.

Konzediert man ihm auch ein flottes Spiel und eine gute Erscheinung, so beweist doch sein beängstigend halsiger Minitenor, soweit er überhaupt über die Rampe kommt, daß es sich um eine ausgesprochene Fehlbesetzung handelt. Da konnte man sich noch eher mit Henryk Schubert als Leutnant Montschi abfinden. Mit übermäßig schnell in die Höhe gehenden Vorhängen versuchte man den anfänglich flauen Applaus anzuheizen, der am Schluß einen wirklichen Erfolg vorzutäuschen schien. Der alte, gute „Walzertraum“ hätte aber eine bessere Wiedererweckung verdient.

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