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Romanze vom „Steirischen Johann“

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Das hätte schlimmer werden können. Aber von den hundert boshaften Teufelchen, die auf dem Grunde eines Sujets wie „Erzherzog Johanns große Liebe“ lauern, hat eine diskrete Spielführung und Drehbuch-steuerung 99 bändigen können, und nur eines, die Versöhnung bei Hofe durch das bekannte Jodlerlied, schlägt am Schlüsse seine Kapriolen. Diese allerdings gewaltig, daß die Wände zittern. Dagegen aber wirft der Film die sehr noble Darstellung durch erstrangige Wiener Künstler und die zauberhafte Photographie der steirischen Berge in die Waage — die kernlose Musik freilich verschwimmt in sentimentaler Melodik. -Und so ist noch ein durchaus achtbarer Film aus diesem vom Unglück verfolgten Filmprojekt geworden, der bei aller teils bewußten, teils ihm aufgezwungener Selbstbescheidung da und dort auch einen leisen Hauch des unnennbaren Osterreichischen spüren läßt.

In diesen Tagen feierte Wien den 100. Ge burtstag Alexander G i r a r d i s und weckte damit tausend Erinnerungen an Glanz und Gloria der Operette. Dabei war es nicht zu verhindern, daß die Aufführung des berühmten, nahezu 40 Jahre alten Girardi-Films „Der Millionenonkel“ mit seiner überwältigenden Parade der großen Rollen und der großen Operetten nur als pietätvolle Grablegung empfunden wurde. Was für Zeiten ehedem, was für Zeiten heutel Wehe den Epigonenl

Die Filmleute sind auch sonst am witzigsten, wenn sie Ernst mimen. Die Erstaufführung dreier neuerer Filmoperetten in diesen Tagen mag von den Veranstaltern ja sehr lobenswert als Verneigung vor Girardi und der Operette gedacht gewesen sein, aber hat denn auch' nur einer dieser ahnungslosen Engel gespürt, wie sich solche Pietät angesichts des unmeßbaren Abstandes zu Strauß und Girardi im Handumdrehen zur bitteren Randglosse, ja zur vernichtenden Kritik verwandeln kann, muß?

Dabei bemüht die .Hochzeit mit Erika' immerhin die Musik Eduard Kün-neckes, eines Mannes also, den der Flügelschlag der aetas aurea noch gestreift hat. Auch sonst haben Librettist und Rollendramaturg den klassischen Codex brav gebüffelt. Es nimmt der reiche Amerikaner das Blumenmädchen und die Schloßherrin den Gärtnerburschen, nur der wahrhaftig tolle Namenswitz von der „Mrs. Horsmeat“ will beinahe den altehrwürdigen Rahmen sprengen.

Eine Stufe tiefer — „Zärtliche Abenteuer“ — und das Libretto verschwimmt in einem pikanten Doppelquartett frisch-fröhlicher Liebesabenteurer, und die Komposition ist zur musikalischen Leitung entartet — eine wohlwollende Bezeichnung für diese bedenkenlose Partiturenplünderung von Strauß bis Lincke. Und ringsum nur ein einziger Witz, eine einzige geistige Enunziation des Heute: das Mädchen, das sich im Separe auf die Kellnerklingel setzt...

Mit dem Eisrevuefilm „Drei Tage Gräfin“ schließlich scheint das vorläufige Ziel erreicht. Die Musik ist zu einem mageren Entrelied singender, hüpfender Kellnerinnen und Gäste eingeschrumpft und der Tanz von der bekannten Art, wie ihn Sonja Henie seit 15 Jahren um das Goldene Kalb auf dem Eise aufführt. Der Witz ist schärfer, ja blutig geworden: einmal wird mit treuherzigem Augenaufschlag versichert, daß Sonja Henie aus tiefstem Herzen die Publicity verabscheue ...

Hier aber „kreißte der Berg und gebar eine Maus“ — es war keine „Fledermaus“ und es war nicht mehr Johann Strauß ...

Vom Stiefkind, dem Kulturfilm, liegen in dieser Woche zwei beachtenswerte Talentproben vor: .Burgenland“ und „Hei-matimSüden — Schaffendes Land' (Kärnten); der erstere eine liebevolle Versenkung in Art und Weis, Land und Leut unserer Ostgrenze, etwas zu getragen konferiert, stimmungsvoll photographiert, ohne das ergiebige Thema voll auszuschöpfen. Der letztere ein pulsierender Querschnitt durch Fleiß und Arbeit, Technik und Wirtschaft unseres Grenzlandes im Süden. Beide schlichte Strophen im Lied auf die Heimat. Ihre Schöpfer sind zu weiterem Gesang zu ermutigen. •

In den Wiener Kinos läuft derzeit der Werbefilm einer Backpulverfirma, der unter dem Titel „Himmlische Erfindung St. Petrus als fröhlichen Genießer auf die Erde bemüht. Man pflegt im Spielfilm der Vermischung der Sphären bis zu gewissen Grenzen Narrenfreiheit zuzubilligen. Suum cuique: der reine Geschäftsverkehr möge doch lieber auf der Erde bleiben. Dr. Roman H e r 1 o derausstellung über den sozialen Wohnhausbau der Gemeinde Wien Theorie und Praxis einigermaßen hart aneinandergeraten. Einige politische Untertöße ist man, angesichts der unleugbaren Verdienste dieser Ausstellung, zu überhören geneigt.

Diese letzte Satz gilt, etwas verschärft, auch für die Karikaturen in der ansonst recht hübschen Ausstellung „Polnische Buch-g r a p h i k“ in der Wiener Kunsthalle (Zedlitzgasse). Diese Buchumschläge und -Illustrationen dürften nicht anders wie die kürzlich in Wien gezeigten polnischen Plakate geradenwegs vom Holzschnitt hergekommen sein: sie halten sich in der Mitte zwischen alter slawischer Volkskunst und modernen französischen Abstraktionen und wissen die Vorzüge beider — Solidität und Esprit — geschickt und wirksam zu vereinigen.

Sonderschau im österreichischen Museum am Stubenring: Ungetrübte Freude des Referenten! Diesmal heißt sie ,B'i 1 d t e p p i c h e des Mittelalters“; prächtige Stoffbilder in unverblaßten Farben, meist vom Oher-rhein und aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts stammend — einige auserlesene Beispiele flämischer Gobelinkunst fehlen nicht —, in denen heitere Märchengeister, „Wildleute“, den Gesetzen einer mittelalterlichen und sehr volkstümlichen Ikonographie folgend, zwischen den Ranken und Blüten einer dekorativen Vegetation die Gebräuche uralter Fruchtbarkeitszauber ausüben. Wie immer verbindet das Museum den ästhetischen Zweck mit dem lehrhaften und ergänzt ihre Objekte geschickt durch Bildmaterial über die Entwicklung und Höhepunkte mittelalterlicher Teppichkunst. Der Besucher verläßt die Ausstellung mit dem Gefühl, nicht nur etwas Schönes gesehen, sondern auch über die Schönheit allerlei gelernt zu haben. Nichts Besseres, was der Museumsmann sich wünschen könnte. Dr. Jörg Maut he

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