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Das „Weiße Rößl“

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Schier 30 Jahre bist du alt — und das ist sehr galant gezählt, in Wirklichkeit sind es 38 Jahre seit der Uraufführung dieses Singspiels, das seine Geschichte und seine Geschichten hat. Aus einem Lustspiel von Blumenthal und Kadelburg mit einer einzigen Dekoration, ist ein Musical, das sich bescheiden „Singspiel“ nennt, in 18 Bildern geworden, an dem Hans Müller, Eric Charell und Robert Gilbert textlich, letzterer mit Bruno Granichstädten, Robert Stolz auch musikalisch zur Partitur von Ralph Benatzky beigesteuert haben. Nun hat sich das Raimundtheater dieses rechit bunten „Weißen Rößls“ in der Inszenierung von Karl Farkas bemächtigt und mit der Bilderbogenfolge, nach der Aufnahme zu urteilen, den Geschmack seines Publikums getroffen, das hinter all den Anachronismen und Unwahrscheinlichkeiten das verborgene „Stückerl Herz“ gespürt hat.

Als „Rößl“-Wirttin ist Waltraut Haas, noch von früheren Aufführungen her in Erinnerung, jung geblieben an Erscheinung, fülliger geworden an Stimme. Leider hatte sie an Peter Garden, der sie zum Schluß doch kriegt, einen ihr zumindest stimmlich nicht gewachsenen Partner. Als Kaiser Franz Joseph zieht sich Egon von Jordan mit sehr viel Anstand aus seiner problematischen Aufgabe. Paul Helmut Schüssler bringt als Berliner Fabrikant Gie- seke die Lacher immer auf seine Seite, Inge Karsten als seine Tochter und Erich Arnold als Dr. Siedler bilden das elegante, Helmut Wallner (Sigismund) und Hera Nieöl (Klärchen) das komische Liebespaar und zugleich die beste Leistung des Abends. Der Piccolo Gustį (Ronald Leopoldi) belebt durch seine erfrischende Keckheit manche Szene. Das Ballett hat viel zu tun und tut es sehr hübsch, Trude Köhler und Franz Mulec holten sich den gewohnten Sonderbeifall. Das Bühnenbild (Ferry Windberger) verwendet teilweise Dekorationen aus früheren Aufführungen, wirkt aber einheitlicher als die Kostüme (Hill Reihs- Gromes). Rein Estes Choreographie bleibt zwar im Typischen, setzt es aber geschickt und beweglich ein. Die musikalische Leitung hatte Leopold Grossmann. Er führte das animiert spielende Orchester ohne Taktstocks, freihändig durch die Gebirgslandschaft des Salzkammerguts. Ein vergnüglicher Abend, der trotz seiner Länge viele Vorhänge und viel Beifall hatte.

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