KAMPF-L.O.L.I.T.A - © Foto: Marcel Urlaub / Volkstheater

Jonathan Meese: Flut an Provokationen

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Eine illustre Schauspielrunde ergründet die Schieflagen unserer Gesellschaft: Der deutsche Künstler Jonathan Meese gastiert mit der Performance „KAMPF-L.O.L.I.T.A.“ im Volkstheater.

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Eine illustre Schauspielrunde ergründet die Schieflagen unserer Gesellschaft: Der deutsche Künstler Jonathan Meese gastiert mit der Performance „KAMPF-L.O.L.I.T.A.“ im Volkstheater.

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„Politik ist Schleim. Kunst ist Schleim.“ Jonathan Meese, Maler, Aktionist, Provokateur, Opern- und Theaterregisseur, bringt die Dinge gerne auf den Punkt und treibt sie noch lieber auf die Spitze. Mit einer „Universums-Uraufführung“ macht er derzeit halt im Volkstheater. Fünf Personen, ein Mumin und Meese ergründen dabei die Schieflagen unserer Gesellschaft.

Streng genommen ist es gar keine Uraufführung, denn die fand bereits vor der Corona-Pandemie in Dortmund statt. In den damaligen Kritiken ist von flüchtenden Zuschauern sowie vom Ende der Dramaturgie die Rede. Das schürt natürlich hohe Erwartungen an die Wiener Aufführung. Was einen dann tatsächlich erwartet, lässt sich vom Langtitel kaum ableiten: „KAMPFL.O.L.I.T.A. (EVOLUTION IST CHEF) oder L.O.L.I.T.A. D.Z.I.O. (ZARDOZ FLIEGT WIEDER!) oder L.O.L.I.T.A DE LARGE (Das 3. Baby) oder DIE BARBARENLOLITAS (Kampf um Kunst) oder DR. ERZLOLITA DE L.O.L.I.T.A (ZARDOZ LEBT) oder DIE ZARDOZLOLITAS (Keine Angst)“. Anleihen aus dem Kultfilm „Zardoz“ über postapokalyptische Herrschaftsfantasien waren bereits in Meeses Oper „Mondparsifal“ zu sehen, der Zusammenhang mit dem Lolita-Stoff lässt sich nur erahnen. Immerhin gibt Meeses Mutter gleich zu Beginn des Abends einen Einblick in das Ausgangsmaterial. Per Videoprojektion liest sie die Textzusammenfassung zu Vladimir Nabokovs Skandalroman.

Im Meese-Universum

Nach diesem Literaturcrashkurs kann es auf der Bühne richtig losgehen, wo sich zunächst die „Sekte der Selbstdenunziation“ um einen Plastik-Mumin schart. Die düstere Zeichentrickfigur aus Finnland ist nur einer von vielen Heilsbringern dieses Abends. Napoleon, Kardinal Richelieu, Hitler und Marie-Antoinette werden ebenfalls noch Teil des Meese-Universums. Eine illustre Schauspielrunde bestehend aus Martin Wuttke, Maximilian Brauer, Uwe Schmieder, Anke Zillich und Lilith Stangenberg schlüpft dazu in unterschiedliche Rollen und aberwitzige Kostüme. Jeder darf auch mal Lolita sein, Hauptlolita ist aber die vielfach ausgezeichnete Theater- und Filmschauspielerin Stangenberg. Ihre Performance ist so beeindruckend wie gewaltig. Nahezu ohne Unterbrechung turnt, brüllt und singt sie sich durch die Inszenierung. Das Horst-Wessel-Lied wird sie wohl noch im Schlaf verfolgen, so oft, wie sie es zwischen Hutschpferden, Plüschhunden und Riesen-Mumins trällern muss.

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