Des Herausgebers Adi Wimmers Anliegen ist es, den Erfahrungsschatz der aus Österreich Vertriebenen, „dieser immer dünner werdenden Gruppe von Menschen in unser kollektives Wissen zurückzuholen, bevor es endgültig zu spät ist.” Sein Buch, das 35 Interviews mit österreichischen Emigranten aus den USA, Großbritannien und Israel enthält - 30 weitere konnten darin leider nicht veröffentlicht werden - ist ein Anfang und Beispiel dafür, wieviel in diesem Zusammenhang noch nachgeholt werden kann beziehungsweise versäumt wurde, ähnlich wie es auch das von Erika Weinzierl initiierte Forschungsprojekt über israelische Bürger österreichischer Herkunft gezeigt hat. Der Autor, der in Braunau am Inn aufgewachsen ist, will damit einen Beitrag zur Verbesserung der österreichischen Erinnerungskultur leisten.
Weiteres Verdienst des Buches ist es, das Schicksal der einfachen Menschen dokumentiert zu haben, auch wenn einige prominente Interviewpartner wie Ernst Gombrich, Richard Berczeller, Harry Zohn und Lord Weidenfeld dazukamen. Die anhaltende Verbundenheit dieser Menschen mit Österreich, ihre Sehnsucht und Schmerzen in der Beziehung zu ihrer verlorenen Heimat tritt in den Gesprächen immer wieder deutlich zu Tage. Eindrucksvoll etwa Giselle Karp aus Skokie in den USA: „Österreich hat mir alles bedeutet. Die Heimat, die Liebe zur Heimat, ich habe es immer wieder bewundert und habe es wunderschön gefunden...” Oder der Chemieingenieur Anton Walter Freud, Enkel Sigmund Freuds, der sagte: „Wenn die Österreicher sagen würden: komm doch, du bist willkommen hier, wir möchten dich noch einmal wiedersehen - dann komme ich zurück...” ^
Zu wünschen wäre, daß dieses eindrucksvolle Buch auch von offiziellen Stellen, die diesen Menschen endlich - nicht nur mit Worten, sondern vor allem mit der ausständigen materiellen Entschädigung - helfen könnten, zur Kenntnis genommen wird.
