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Anti-Amerikaner

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Ich schätze, daß etwa die Hälfte der Amerikaner AntiAmerikaner sind. Je länger der Golf-Krieg dauert, umso größer wird in Amerika die Zahl der Anti-Amerikaner. Ein AntiAmerikaner ist auch der ehemalige Sicherheitsberater des einstigen US-Präsidenten Jimmy Carter, Zbigniew Bzrezins-ki. Dieser Mann, der wahrlich nicht zu den „Tauben" in der Politik gehört, meinte jüngst in einem „Spiegel"-Interview: „Meiner Meinung nach hätte ein Embargo langfristig zum Erfolg geführt. Diese Behauptung läßt sich zwar jetzt nicht mehr beweisen. Ich glaube aber, daß Sanktionen sich besser mit einer neuen internationalen Weltordnung der Sicherheit und Zusammenarbeit vertragen hätten."

Jetzt wird die neue Weltordnung halt herbeigebombt.

Und das kommt nicht von ungefähr, wie zum Beispiel ein anderer Anti-Amerikaner, der 85jährige J. William Fulbright in seinem neuen Buch „Wahn der Macht" nachweist. Fulbright war einer der einflußreichsten amerikanischen Politiker und er kritisiert eindringlich die Militarisierung der Wirtschaft in den USA, die nicht in Frage gestellt werden dürfe, die zur heiligen Kuh der amerikanischen Politik geworden sei: „Niemand redet darüber, aus Angst, als unpatriotisch und in Sicherheitsfragen als lasch verschrien zu werden: Der Heiligenschein des Patriotismus würgt jede Debatte ab."

Der Mann, der als Abgeordneter einst die Fulbright-Reso-lution eingebracht hatte, eine der Grundlagen für die Gründung der UNO, der Initiator der Fulbright-Stipendien, er konstatiert heute nüchtern: „Gewalt ist zur führenden Industrie des Landes geworden. Es ist nicht etwa Begeisterungfür den Krieg, sondern schlicht wirtschaftlicher Eigennutz, was Millionen von Arbeitnehmern, ihre Gewerkschaften und ihre gewählten Vertreter in den militärischen Komplex hineingezogen hat."

Diese Aufrüstung habe aber, so lautet das Gegenargument, immerhin den Kommunismus in die Knie gezwungen. Und jetzt kommt die neue Weltordnung unter Frührung der einzigen globalen Supermacht: den USA. Und wer da Skepsis anmeldet, wird zum AntiAmerikaner ernannt.

Das Macht-Monopol, militärisch abgesichert, gibt auch Gewähr für die richtige Moral. Das mit dem Ende des Kalten Krieges befürchtete Ende der Geschichte wird noch einmal aufgeschoben.

Indes bereiten sich die Europäer auf den europäischen Binnenmarkt vor und bangen, daß eine verhängnisvolle Entwicklung beim Ölpreis alle Planungen über den Haufen werfen könnte.

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