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Ausgerechnet jetzt?

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Im Schutze des publizistischen Sperrfeuers zur Steuerreform und zum Gedenken an das Jahr 1938 haben die Kreditinstitute heimlich, still und leise ihre Gebühren beim Kauf und Verkauf von Wertpapieren saftig erhöht. Für die Abwicklung von Aktiengeschäften werden dem Kunden jetzt mindestens 200 Schilling (statt bisher 125), für den Ankauf oder Verkauf von Anleihen mindestens 100 (statt bisher 75) Schilling verrechnet. Was immerhin eine Preissteigerung von 60 bzw. 33 Prozent bedeutet.

Inhaltlich habe ich für diese Maßnahme durchaus Verständnis: Wenn sich jetzt schon sogar der Staat bemüht, seine Kosten nach dem Verursacherprinzip zu verteilen, wird man Gleiches Wirtschaftsunternehmen wohl nicht vorwerfen dürfen.

Es ist durchaus glaubhaft, daß die bisherige Mindestgebühr von 125 beziehungsweise 75 Schilling nicht die mit der Wertpapiertransaktion verbundenen Kosten der Kreditinstitute deckte. Muß doch daraus auch die Börsenumsatzsteuer entrichtet und der Sensal (= Börsenmakler) entlohnt werden (die Banken geben die tatsächlichen Kosten einer kleinen Börsentransaktion mit 400 Schilling an). Und es ist ja nicht einzusehen, warum auf Dauer die Sparer oder Kreditnehmer über ihre Zinsen indirekt für diese Kosten aufkommen sollten.

Was mich daran stört, sind die Art und Weise und der Zeitpunkt, zu dem diese Gebührenerhöhung vorgenommen wurde. Wurde von der Koalition doch eben erst auch beschlossen (siehe Kolumne FURCHE 10/1988), die Kapitalertragsteuer für Dividenden im Zuge der großen Steuerreform von 20 auf 25 Prozent zu erhöhen. Das macht, auch wenn gleichzeitig die Körperschaftsteuer (also die Einkommensteuer der Kapitalgesellschaften) ^ fast halbiert wurde, die Anlage in Aktien zumindest in den Augen der Kleinanleger weniger attraktiv.

Bis zum Beweis des Gegenteils fehlt ihnen vorerst der Glaube, daß der niedrigere Körperschaftsteuersatz zu einer höheren Dividendenausschüttung führen wird, obwohl die Ausschüttung von Dividenden für das Unternehmen selbst keinen Steuervorteil mehr bringen wird (zur Zeit muß für ausgeschüttete Gewinne von den Kapitalgesellschaften nur der halbe Körperschaftsteuersatz entrichtet werden).

Beides zusammen — die neue Schutzgebühr“ der Banken und die zumindest optische Benachteiligung bei der Kapitalertragsteuer gegenüber Anleihen — wird möglicherweise jene, die gerade begonnen haben, Börsenluft zu schnuppern, wieder zum quellensteuerbefrei-ten Eckzinssparbuch zurücktreiben.

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