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Digital In Arbeit

Bereits neun Leitungen wurden gesperrt

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Viele Eltern sind über unerwartet hohe Telefonrechnungen schok-kiert. Ihre Kinder wählten Telefonnummern, die mit „045..." oder mit „00..." beginnen. Sind die ,,00..."-Nummern „Sex-Hot-Lines" nach Übersee, laufen aber unter „045..." auch seriöse österreichische Serviceangebote.

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Viele Eltern sind über unerwartet hohe Telefonrechnungen schok-kiert. Ihre Kinder wählten Telefonnummern, die mit „045..." oder mit „00..." beginnen. Sind die ,,00..."-Nummern „Sex-Hot-Lines" nach Übersee, laufen aber unter „045..." auch seriöse österreichische Serviceangebote.

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Mit 1. März startete die Post ein Informationsservice, das die Möglichkeit bieten soll, Informationen - wie Wetterberichte, Horoskope oder Sportmeldungen - gegen höhere Gebühren abzurufen. Bei „Tele-Info 045", wie die offizielle Bezeichnung lautet, handelt es sich vorerst um einen Betriebsversuch. Vor Einführung dieses „Mehrwertdienstes" hat man einen präzisen Verhaltenskodex und Vertragsentwurf für die Info-Anbieter erarbeitet, erklärt der Post-Generaldirektor Josef Sindelka.

Für die Inhalte des Angebotes ist der Anbieter selbst verantwortlich. Er muß sich einem schriftlich festgelegten Verhaltenskodex unterwerfen, der es unter anderem untersagt, sexuell Anstößiges sowie Inhalte, die die sittliche und seelische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigen könnten, unter die Leute zu bringen. Ebenso sind rassistische Tonband-Angebote vertraglich ausgeschlossen.

Doch immer wieder finden sich unter den seriösen Angeboten auch die berüchtigten Sextelefon-Nümmera. Diesem Verstoß gegen den Verhaltenskodex folgt entweder eine Verwarnung oder die fristlose Sperre des Anschlusses. Laut Post-General Sindelka mußte davon seit Märzbeginn bereits neunmal Gebrauch gemacht werden.

In Zusammenarbeit mit der Anbietervereinigung „Österreichische Gesellschaft für Audiotex" will die Post auf die Einhaltung des Verhaltenskodex und der Vertragsbedingungen achten. Denn auch den seriösen Anbietern ist es ein Anliegen, das neue Telefonservice „sauber" zu präsentieren.

Derzeit kontrolliert der Wiener Georg Freund im Auftrag der Post vom Rollstuhl aus mit einem Team von fünf Personen die „045"- Leitungen sowie die Inserate in Zeitungen - wobei anzügliche Inserate „oft auch mehr versprechen als letztlich geboten wird". Werden aber Inhalte von grob anstößigem Inhalt festgestellt, werden die Anschlüsse binnen kürzester Zeit gesperrt. Außerdem ist jeder private Info-Unternehmer verpflichtet, in seiner Werbung auf die erhöhten Gebühren unmißverständlich hinzuweisen.

Wählt ein Teilnehmer eine Nummer, die mit „045" beginnt, so wird er, bevor er vom „Voice-Computer" am anderen Ende der Leitung die gewünschte Geschichte oder Mitteilung erfährt, informiert, daß er nun erhöhte Gebühren zahlen muß. Der Preis pro Minute beträgt in der Zeit von Montag bis Freitag zwischen acht und 18 Uhr 8,67 Schilling, das ist der dreizehnfache Ortstarif. Außerhalb dieser Zeit gilt der zehnfache Ortstarif, 6,67 Schilling je Minute. Der Anbieter erhält von diesem Betrag -ohne zeitliche Unterschiede - den fünffachen Ortstarif, nämlich 3,33 Schilling, Mehrwertssteuer inklusive.

Der Informationsanbieter selbst zahlt für die Herstellung der Anschlüsse einen Betrag von mindestens 1.200 Schilling. Die monatlichen. Kosten belaufen sich auf mindestens 500 Schilling pro Anschluß.

Gegenüber den berüchtigten „Sex-Phones" nach Übersee, die mit „00..." beginnen - eine Minute kostet da bis zu 28 Schilling - ist die österreichische Post ebenso machtlos wie die Eltern, die sich mit horrenden Telefonrechnungen konfrontiert sehen. Denn mittels Direktwahl wählt ein Teilnehmer zum Beispiel in die vierte Auslandszone, in der eine Minute 28 Schilling kostet. Fünf bis sechs Schilling davon bekommt - wie bei jedem Auslandsgespräch - die österreichische Post, der Rest fließt ins Ausland. Dort werden dann die übrigen 22 bis 23 Schilling zwischen privaten „Tonband"-Unternehmern und den dort zumeist privatisierten Postanstalten aufgeteilt.

Geworben wird für die „Sex&Love-Phones", auch österreichischer Provenienz, mit Anzeigen in der Boulevardpresse. Dabei fällt eine besondere Doppelmoral auf: Während die „Krone" in der zurückliegenden Karwoche natürlich die obligate Barbusige aus dem Kleinformat verbannte, um nicht die Gefühle der Leser(innen) zu „verletzten", wurde selbst am Karfreitag munter für „Sex&Love-Phones" geworben. Gegen Entgelt. Geld stinkt da nicht.

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