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Britischer Filmhumor

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Der zweifellos köstlichste Filmwitz seit langer Zeit ist Richard Lesters Parodie auf Degen- und Fecht-Abenteuerfilme „Royal Flash“, wobei von (insbesondere) „Der Gefangene von Zenda“ bis zum „Grafen, von Monte Cristo“ (die Flucht vom Chäteau d'If unter Wasser!) alles verwertet wurde, was berühmt und edel ist. Der wirklich unverschämte Riesenspaß ist im Deutschland der Mitte des vorigen Jahrhunderts angesiedelt, wo ein böser und überheblicher deutscher Junker namens „Otto von Bismarck“ (Oliver Reed) finstere Ränke schmiedet, eine superherrische unbegabte Tänzerin namens „Lola Montez“ (Florinda Bolkan) Bayern regiert und ein umheldisch-dümmlicher britischer Casanova aus dem königlichen Husarenregiment namens „Flashman“ (Malcolm McDowell) an Stelle des im Kerker schmachtenden Kronprinzen Karl Magnus von Oldenburg (ebenfalls McDoioeU in einer Doppelrolle) ein sexlüsternes Gänschen von Klein-Fürstentum-Regentin ehelichen muß, um Bismarcks Pläne von der Reichseinigung zu verwirklichen ... Bis endlich der Gefangene von „Wotansburg“ mit Hilfe der Gegenpartei, „Wölflinge“ genannt, befreit ist, erlebt der arme „Royal Flash“ (leider bin ich zu Pokerun.bewandert, um die sicher sehr originelle und symbolhaft-bedeutsame Anspielung auf ein „Royal Flush“ genießen zu können!) die wildesten, hinreißend präzise kalkulierten und gestalteten Abenteuer — eine Kette köstlicher Witze für britische Gemüter und ihnen Nachempfindenkönnende ... Dieser karikaturistische unhistorische Comic-Strip aus der Historie ist voller chaotischer Einfälle, Gags und gescheitester Pointen, ein Feuerwerk eleganter und intelligenter Ideen — ein Vergnügen für denkende Zuschauer, wie man es selten noch erlebt hat. Nur eines: wer keinen Sinn für absurden Witz besitzt, sollte sich diese Demontage „großer Begriffe“ lieber nicht ansehen!

An zweiter Stelle ist dann eine Wiederaufführung aus dem Jahre 1950 zu nennen, die aus historischen Dokumentaraufnahmen, Wochenschau- und Spielfilmszenen von Günter Neumann zusammengestellte Montage über unser erstes halbes Jahrhundert: „Herrliche Zeiten“; heute besitzt dieser witzig-wehmütige Rückblick doppelten historischen Wert: Geschichtsbetrachtung, die bereits selbst schon Geschichte ist. Sehenswert! Das ist übrigens auch die originelle Variante von Stevensons „Schatzinsel“ als rasantspannender japanischer Zeichenfilm unter dem Titel „Jolly Joker“, ein Familien-Jugendfilm (für ältere Buben). ' i ! .!: v1':.''''.

Eine wahre Supersohnulze und kongeniale, „gepflegte“ Bestsellerverfilmung ältester Hollywood-Machart mit aufwendiger Starbesetzung in Illustriertenmanier ist „Einmal ist nicht genug“; und die (endliche) Verfilmung der im Original angeblich literarisch bedeutsamen Edelpornographie „Die Geschichte der O“ (von Pauline Reage) ist genauso, wie es zu erwarten war: eine üble kommerzielle Spekulation von steril-langweiliger kunstgewerb-lich-geschmäcklerischer Geschmacklosigkeit „auf höherer Warte“ (natürlich!). Wäre der Film zur Prädi-katisierung eingereicht worden, hätte er als Literaturverfilmung in solch „edlem Stil“ von unserer Prädikati-sierungskommission vielleicht ein Prädikat erhalten, spätestens dann bei der Berufung.

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