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Darf WBO-Ausschuß alles, was er will?

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Nichts im WBO-Skandal darf vertuscht werden. Trotzdem wirft die Kraftprobe zwischen Franz Sauerzopf und dem WBO-Ausschuß ein ernstes Grundsatzproblem auf.

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Nichts im WBO-Skandal darf vertuscht werden. Trotzdem wirft die Kraftprobe zwischen Franz Sauerzopf und dem WBO-Ausschuß ein ernstes Grundsatzproblem auf.

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Der Brief des ehemaligen bur-genländischen Landeshauptmann-Stellvertreters Franz Sauerzopf, in dem er ankündigte, Ladungen vor den parlamentarischen WBO-Untersuchungsaus-schuß keine Folge zu leisten, sollte nicht nur Anlaß für tagespolitische Auseinandersetzungen, sondern auch für ein grundsätzliches Uberdenken der Tätigkeit dieses Ausschusses geben. Obwohl sich Sauerzopf in diesem Brief überwiegend mit dem Ausschußobmann Holger Bauer (FPÖ) auseinandersetzte und dessen Vorsitzführung kritisierte, meldete er auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vorgangsweise des Ausschusses an.

Zweifel an seiner verfassungskonformen Tätigkeit begleiten den Ausschuß schon seit seiner Konstituierung am 25. Februar 1982, als die ÖVP-Fraktion erklärte, daß die Tätigkeit des Ausschusses in dem ihm von der Bundesverfassung gezogenen Rahmen abzulaufen hat.

Diese Erklärung zielte auf die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Bestimmungen über Untersuchungsausschüsse ab. Denn diese haben sich laut Verfassung auf die Kontrolle der Vollziehung des Bundes zu beschränken. Ein Untersuchungsausschuß ist daher nicht legitimiert, die Vollziehung eines Landes, aber auch nicht sonstige Vorgänge, die sich nicht als Akte der staatlichen Verwaltung darstellen, zu untersuchen.

Die von Anfang an bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den WBO-Untersu-chungsausschuß entsprangen der eigenartigen Formulierung des Untersuchungsauftrages, der

„1.) die Vorwürfe betreffend einer angeblichen Finanzierung von Parteien oder Zeitungen im Zusammenhang mit der aufgrund des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes tätigen WBO und

2.) die Frage, inwieweit die aufgrund der einschlägigen Bundesgesetze für die Tätigkeit der WBO zuständigen Kontrollinstanzen ihre Aufgabe erfüllt haben”, zum Gegenstand hat.

Der zweite Punkt des Untersuchungsauftrages nimmt der Sache nach Bezug auf das Wohnbau-förderungsgesetz 1968 und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz 1979. Beide Gesetze sind zwar Bundesgesetze, doch fallen die entscheidenden Kontrollrechte kompetenzmäßig der jeweiligen Landesregierung, sohin keiner

Bundesbehörde, zu. Denn sowohl die behördliche Überwachung einer gemeinnützigen Bauvereinigung (wie der WBO) nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz als auch die Gewährung von Förderungsmitteln nach dem Wohnbauförderungsgesetz sind Landessache.

In Wahrheit bezieht sich daher dieser Punkt des Untersuchungsauftrages überwiegend auf Akte der Vollziehung von Kontrollinstanzen (Verwaltungsbehörden) des Landes und steht daher in einem Spannungsverhältnis zur Bundesverfassung.

Demzufolge ist auch die Untersuchungstätigkeit des Ausschusses, die sich mit dem Vorstand, dem Aufsichtsrat und der Gebarung der WBO befaßt, nicht verfassungskonform, da diesbezüglich die Kontrolle (Vollziehung) der burgenländischen Landesregierung zukommt, die zu überprüfen Aufgabe des Untersuchungsausschusses des burgenländischen Landtages war, der seine Tätigkeit bereits beendete.

Ebenso verhält es sich mit ersten Punkt des Untersuchungsauftrages, da auch die Überwachung der zweckgebundenen Verwendung der Mittel für den Wohnbau bzw. deren zweckwidrige Verwendung für Parteien oder Zeitungen der Kontrolle der burgenländischen Landesregierung obliegt, sodaß sich die gleichen verfassungsrechtlichen Bedenken ergeben.

Der WBO-Ausschuß hat sich über diese Bedenken hinweggesetzt; er untersucht nicht nur Akte der Vollziehung des Landes, sondern auch Vorgänge, wie etwa die Gebarung einer ÖVP-Bezirks-parteiorganisation, auf privatrechtlicher Grundlage beruhende Verhandlungen und Verträge über die Rettung eines niederösterreichischen Verlages und dergleichen, die mit der Vollziehung des Bundes nicht das geringste zu tun haben.

Die Uberprüfung einer Bezirks-organisation einer Oppositionspartei stellt geradezu eine Pervertierung der Funktion eines vom Verfassungsgesetzgeber als Kontrollinstrument des Parlamentes gegenüber der Bundesregierung und nicht der Mehrheitspartei gegenüber der parlamentarischen Minderheit gedachten Untersuchungsausschusses dar.

Die von Sauerzopf geäußerten verfassungsrechtlichen Einwände gegen die Tätigkeit des WBO-Untersuchungsausschusses sind daher begründet Dessen ungeachtet ist er jedoch verpflichtet, Ladungen des verfassungskonform eingesetzten Ausschusses — bei sonstiger Vorführung - nachzukommen.

Der Autor ist Justizexperte des Klubs der Abgeordneten und Bundesrate der OVP.

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