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Der Skandal beim Fall H. Androsch

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Für Bundeskanzler Fred Sino-watz ist Hannes Androsch „ein Staatsbürger wie jeder andere". Das klingt beruhigend: Der brisante Steuerakt des ehemaligen Finanzministers und nunmehrigen Generaldirektors der Credit-anstalt-Bankverein wird ohne Ansehen der Person von der Steuerbehörde geprüft.

Beunruhigend ist nur, daß dem doch nicht so gewesen sein dürfte: Wäre sonst eine neuerliche Uberprüfung notwendig geworden? Was — besser: wer — kann die Steuerbehörde veranlassen, ihre früheren Erhebungen anzuzweifeln, wenn, wie es jetzt heißt, nicht nur keine neuen Fakten aufgetaucht sind, sondern auch die erste Untersuchung lediglich Recht und Rechtmäßigkeit zur Richtschnur hatte?

Die undurchsichtige Finanzierung der Androsch-Villa in Wien-Neustift ist und bleibt eine dunkle Affäre, die aufzuklären nach dem Tod eines der Hauptbeteiligten schwierig bis unmöglich sein könnte.

Ein anderer Skandal aber ruft nach restloser Aufklärung: die Vorgangsweise der Steuerbehörden, ihre offenkundige Unfähigkeit, einen Steuerakt in über vier Jahren einer zweifelsfreien Prüfung zu unterziehen, die eindeutig klarstellt, ob Rechtsnormen und Rechtspflichten eingehalten wurden oder nicht.

Das Ergebnis einer solchen Uberprüfung könnte auch im für Androsch besten Fall bedenkenswert genug sein: Nicht alles, was sich noch im Grenzbereich der Legalität abspielt, was gerade noch Rechtsnormen entspricht, muß mit Normen der Moral harmonieren.

Trotzdem: Der Staatsbürger Androsch hat ein Anrecht auf ein korrektes Steuerverfahren. Und bis zu dessen Abschluß muß die Unschuldsvermutung gelten. Alles andere ist vorbedachter Rufmord.

Schlimm steht es um einen Rechtsstaat, wenn seine Saumseligkeit dem Vorschub leistet. Das gilt für den Finanzfall Androsch. Und das gilt für den Justizfall Siegfried Ludwig.

Der niederösterreichische Landeshauptmann hat gegen Justizminister Harald Ofner eine ganze Reihe von Klagen eingebracht — und nichts rührt sich. Wenige Tage vor den Landtagswahlen im Vorjahr wurde er mit Beschuldigungen überschüttet und schwer belastet, bis heute ist er weder überführt noch rehabilitiert. Bestand also die Angst vor der Willkür der „Ofner"-Justiz zu Recht?

Das Unvermögen der Behörden, im einen wie im anderen Fall Klarheit zu schaffen, ist geradezu gefährlich, erst recht skandalös, wenn (partei-politische Interessen die Fäden ziehen. Dem Vertrauen der Bürger in ihren Staat dient das nicht, im Gegenteil.

Androsch, Ludwig — Staatsbürger wie andere auch? Eigentlich eine gefährliche Drohung, würde mit jedem anderen so verfahren.

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