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Ein „General" auf Widerruf
Man hätte gedacht, daß die Regierungspartei und der ÖGB größere Arbeitsmarktprobleme haben als das, dem politisch und moralisch zumindest angeschlagenen Vizekanzler und Finanzminister an die Spitze der größten österreichischen Bank zu befördern.
Hannes Androsch soll ab Mitte Jänner 1981 vorerst als stellvertretender Generaldirektor in die Creditanstalt-Bankverein einrücken, um dann am 1. Juli 1981 den international angesehenen Bankier Heinrich Treichl als Nachfolger zu beerben.
Im Augenblick noch will die Mehrheit innerhalb des SPÖ-Parteivorstan-des (vor allem aber ÖGB-Präsident Benya), daß Androsch weich fällt. Doch das muß nicht ewig so bleiben, denn zu viele Konflikte zwischen Bruno Kreis-ky und Hannes Androsch und zwischen der Regierung und der Opposition sind vorprogrammiert. Androsch - das läßt sich mit einiger Sicherheit voraussagen - bleibt auch in nächster Zukunft ein Dauerbrenner in der heimischen Innenpolitik.
Da ist zunächst die Gehaltsfrage. In der Creditanstalt wird Androsch als Generaldirektor samt den diversen
Aufsichtsratbezügen netto etwa das Dreifach der Entschädigung für seine politischen Ämter kassieren (brutto beträgt sein CA-Jahresbezug rund 4,5 Millionen Schilling).
Seinerzeit, am 16. März 1979, kritisierte Bundeskanzler Kreisky das Gehalt des CA-Generaldirektors. Damals sagte der Bundeskanzler: „Es gibt niemanden, dessen Arbeit so viel wert sein kann, wie das, was Treichl bekommt." Die Gehaltshöhe des CA-Generaldirektors „betrage das Vierfache des Bundeskanzlers ... Dazu kommen aber noch Gebühren aus den Aufsichtsräten, die die" Herren haben und die sonstigen Benefizien. Wenn ein Politiker auch nur zehn Prozent davon hätte, würde ein riesiger Skandal ausbrechen".
Es bleibt abzuwarten, wie ernst Kreisky die damals artikulierte Empörung heute nimmt.
Ein zweiter Konfliktstoff wird die geplante Ausgliederung der CA-Kon-zernbetriebe sein. Der Kanzler wird es jedenfalls nicht leicht haben, den. von ihm zum „besten Finanzminister der Zweiten Republik" gelobten Androsch nun als einen Mann hinzustellen, der für eine konzeptive Industriepolitik völlig ungeeignet sei.
Politisch viel brisanter ist ein dritter Konfliktstoff: Androsch wird im österreichischen Bankapparat zahlreiche Freunde, Verwandte und Bekannte treffen: In der Creditanstalt residiert als stellvertretender Präsident des Aufsichtsrates sein Schwiegervater Paul Schärf.
Sein ehemaliger Sekretär im Ministerbüro, Franz Vranitzky, macht Androsch im CA-Vorstand Platz, um gleich in die Vorstandsetage der drittgrößten heimischen Bank, der österreichischen Länderbank, zu übersiedeln.
Dort soll Vranitzky Anfang 1982 zum Generaldirektor bestellt werden.
Und in der österreichischen Postsparkasse sitzt ein weiterer ehemaliger Androsch-Sekretär im Vorstand: Vizegouverneur Herbert Cordt.
Der Bankenzweig des Androsch-Clans wird über eine Bilanzsumme von insgesamt 420 Milliarden Schilling disponieren können. Davon entfallen rund 185 Milliarden Schilling (1980) auf die Creditanstalt, rund 150 Milliarden auf die österreichische Länderbank und rund 85 Milliarden Schilling auf die österreichische Postsparkasse.
österreichische Einleger und Kreditnehmer werden es ab 1981 schwer haben, Einlagen zu plazieren und Finanzierungsmittel aufzunehmen, ohne mit dem Androsch-Clan in Berührung zu kommen. Das ist insbesondere bei Einlagen im Hinblick auf das vielzitierte interne Informationssystem (darüber hat auch Bundeskanzler Kreisky geklagt) innerhalb des Androsch-Clans eine äußerst problematische Situation.
Am Papier mag Österreich ein hervorragendes Bankgeheimnis haben, in der Realität verfügt eine kleine verschworene Gruppe über Informationen, mit denen sich sowohl wirtschafts-als auch parteipolitisch einiges anfangen ließe.
Für politische Spiele ist der Bankenapparat freilich ungeeignet. Nun aber hat die Regierungspartei Entscheidungen getroffen, die aus dem so sensiblen Kreditapparat einen politischen Spielball der Mächtigen machen könnte. Dazu kommt noch die Rolle des Androsch-Clans innerhalb der SPÖ und nun bald auch innerhalb des österreichischen Geldapparates.
Es gibt in der SPÖ zahlreiche Stimmen, die meinen, daß es nicht so weit kommen werde, weil Bundeskanzler Kreisky mit neuem Material gegen Androsch rechnet. Jetzt wurde Androsch einmal als Politiker entmachtet, bald werde Androsch auch als Generaldirektor der größten Bank Österreichs untragbar sein.
Begründet wird diese Position damit, daß es den guten Sitten widerspreche, einen aus der Regierung gedrängten und von Finanzstrafverfahren verfolgten Politiker mit der zweithöchsten Position im heimischen Bankensystem zu betrauen (die österreichische Nationalbank rangiert im Bankenapparat an erster Stelle).
Es ist bestimmt keine gewagte Prognose, wenn man davon ausgeht, daß Androsch zunächst einmal als Politiker gefallen ist, ohne auch schon CA-Gene-raldirektor geworden zu sein. Seine De-signierung gilt nur für den Fall, daß nicht noch weiteres Enthüllungsmaterial über Androsch zutage kommt.
Und schließlich: Von der politischen Mitverantwortung am AKH-Skandal ist Androsch nach wie vor nicht entbunden.
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