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Es hat sich ausgespart

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Einst ließ sich das Kabinett Kreisky für seine sparerfreundliche Gesinnung bejubeln. Damals, im November 1972, wurde die Laufzeit des Prämienkontensparens von fünf auf vier Jahre verkürzt und die Jahresrendite auf etwa 9,5 Prozent erhöht. Gleichzeitig wurden die Bausparleistungen aus dem Katalog der Sonderausgaben gestrichen und eine Prämienregelung getroffen. Für drei Viertel der Bausparer sollte diese Umstellung Vorteile bringen. Sinngemäß meinte damals Finanzminister Androsch, daß eine derartig großzügige Sparförderung der Beweis für die Qualität sozialistischer Wirtschaftspolitik sei.

Und der Bundeskanzler ließ keine Gelegenheit aus, das neue Sparför-derungssystem als mittelstandsfreundliche Maßnahme zu profilieren, die es ja auch war.

Damit ist es nun vorbei. Finanzminister Androsch hat sich dank massiver Unterstützung durch Kreisky gegen den ÖGB-Präsiden-ten Benya durchgesetzt (und scheut sich auch nicht, im kleinen Kreis seinen Sieg über Benya herauszustreichen): Das Prämienkontenspa-ren wurde derart verschlechtert, daß es kaum mehr einen Anreiz bietet, Sparkapital längerfristig anzulegen. Die Effizienz des Bausparens wurde faktisch zertrümmert. Die Jahresrendite beim Prämiensparen dürfte nun bei etwa 8 Prozent liegen, die des Bausparens wurde auf unter 10 Prozent reduziert. Die unterschiedlichen Renditen erklären sich aus der Veranlagungsfrist: Prämien-spargelder sind vier Jahre, Bauspargelder sechs Jahre gesperrt, wenn man die Zinsbegünstigung genießen will.

Finanzminister Androsch nannte als wichtigstes Argument für die deutliche Verschlechterung der Sparförderung die Notwendigkeit, das Zinsniveau auf der Kreditseite zu reduzieren. Dieses Argument ist jedenfalls für das Prämiensparen unbrauchbar. Denn die Verzinsung der Prämienspargelder durch die Banken wird nach wie vor 6 Prozent jährlich betragen, die Banken erzielen Wer keinerlei Zinsigewinn, den sie nun in die Kreditzinsen einbauen können. Der Gewinner bei der Verschlechterung des Prämienkonten-sparens ist eindeutig und ausschließlich der Finanziminister, so wie die Sparer im allgemeinen und der Spargedanke im besonderen zu den großen Verlierern gehören. Die staatliche Zinssubvention für Prämien-sparkapital wurde von 3,5 auf 2 Prozent reduziert, wodurch sich der Fi-nanzminister jährlich rund 80 Millionen ersparen wird.

Noch schlimmer steht es um das Bausparen. Bisher erhielt man für einen Jahres-Höchstsparbetrag von 5250 Schilling eine Prämie von jährlich 1750 Schilling, was insgesamt eine Jahres-Höohst-Bausparleistung von 7000 Schilling pro Person ergab. Nun wird man, um diese Höchstleistung zu erreichen, statt 5250 rund 6000 Schilling zahlen müssen, der Bausparer wird im Jahr rund 15 Prozent mehr Geld 'hinlegen müssen, um die Höchst-Bausparleistiung zu erreichen. Auch hier ist der Finanzminister der große Sieger, auch hier sind die B'ausparer die großen Verlierer der staatlichen „Sparförderungs“-Politik. Ebenfalls auf der Strecke dürfte das private Wohnungseigen-tum bleiben, das damit wesentlich teurer wird. Mit der deutlichen Verschlechterung der Bausparförderung hat der Finanzminister also mehrere Fliegen auf einen Schlag getroffen: Die Bausparer, den Wohnuragseigen-tuims-Gedahken und die vom privaten Wohnbau abhängige Bauwirtschaft samt den damit verbundenen Arbeitsplätzen.

Was noch vor wenigen Jahren als Reform-Maßnahmen verkauft und beschlossen wuide, wird jetzt so langsam wieder abgebaut. Die Verlängerung der Wehrdienstzeit von sechs auf faktisch neun Monate ist ein Beispiel, die Zerschlagung des vom Finanzminister unter Inflationsdruck selbst initiierten Sparförde-rungsprogramms das zweite. Daß weitere folgen, ist angesichts der Wirtschaftslage und eines schwer defizitären Bundesbudgets leider zu befürchten. Das ist das Elend der Ruck-Zuck-Politik, die Gesetze unter dem Eindruck einer aktuellen Situation beschließt, aber nicht in der Lage ist, die logischen Folgen solcher Gesetze auch nur für den Zeitraum von drei Jahren vorherzusehen.

Einst dachte man, daß den Sozialisten das Planen im Blut liege — schließlich haben ja Bundeskanzler Kreisky und Finanzminister Androsch als Oppositionspolitiker die Planungsscheu der konservativen Volkspartei heftig kritisiert —, um nun erfahren zu müssen, daß eine sozialistische Regierung und ihr Fi-nanzimnister nicht einmal in der Lage sind, eine mittelfristige Sparförderung zu realisieren. Wenn zu einem echten Sparen ein realer Zinsgewinn gehört, hat es sich jetzt für breite Schichten ausgespart.

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