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Positives, aber kein S anierungspr ogramm

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Die Regierungspartei applaudiert frenetisch dem „Sparprogramm zur Budgetsanierung” des Nachwuchsstars aus der Himmelpfortgasse, aus der Opposition hört man etwas von „konfusen Ideen” und „total falschen Maßnahmen”, welche in summa abzulehnen seien.

Sowohl die Claqueure als auch die Polemiker machen sich die Sache zu leicht: Das Androsch-Konzept enthält durchaus positive Punkte, wenn auch die Bezeichnung „Sanierungsprogramm” um einige Schuhnummern zu groß ist und das Ganze eine halbe Sache ist.

Zunächst die positiven Seiten: Erfreulich ist die - wenn auch sehr späte

- Erkenntnis, daß auch Androsch um den bisher vielbespöttelten „Paukenschlag” ä la Koren, um das Eingeständnis, daß der Staat sich finanziell übernommen hat und endlich auf die Bremse steigen muß, nicht herumkommt. Erfreulich ist des weiteren die Einsicht, daß das Problem nicht durch neuerliche Einnahmesteigerungen, also neue Steuern zu lösen ist, sondern nur durch Einsparungen. Prinzipiell richtig sind auch einige der geplanten Maßnahmen, wenn auch ihre faktische Durchführung vielfach zu wünschen übrig läßt.

Auf der Passivseite steht in erster Linie der Umfang der Sparmaßnahmen, welche insgesamt rund drei Milliarden Schilling bringen sollen. Bei einem präliminierten Defizit von 43,5 Milliarden für 1977 ist dies nichts anderes als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Aber nicht einmal davon ist mehr die Rede.

Auf seinen eigenen Budgetvoranschlag und die dort aufgestellte Behauptung, das diesjährige Budgetdefizit werde geringer sein als das vorjährige, scheint Androsch total vergessen zu haben. Er würde es jetzt bereits als Erfolg betrachten, wenn er dank seiner Einsparungsmaßnahmen das Vorjahrsdefizit .von 44 Milliarden^ nicht übersteigen müßte., ,ni,\,

Da noch von Budgetsanierung zu reden, kann kaum mehr als Übertreibung bezeichnet werden, sondern stellt eher schon eine Irreführung dar. Es ist ja nicht damit getan, das jährliche Defizit auf dem Niveau von 1976 zu halten, sondern dieses müßte kräftig reduziert werden.

Negativ zu vermerken ist auch die Vermischung von wirtschaftspolitischen und fiskalpolitischen Maßnahmen, indem versucht wird, fiskalische Sanierungsschritte gleichzeitig als Wirtschaftspolitik auszugeben, oder wirtschaftspolitische Maßnahmen so zu gestalten, daß sie für den Fiskus lukrativ sind, ohne Rücksicht darauf, ob damit auch der eigentliche Zweck erreicht werden kann.

Prinzipiell richtig ist eine Reduktion der Förderungsausgaben und Investitionen, falsch hingegen, dies generell um 10 Prozent zu tun. Wirklich notwendig wäre eine radikale Durchforstung dieser Ausgabenpositionen. Das gleiche güt auch für die Subventionen, deren Abbau ebenfalls längst überfäl lig ist, aber natürlich auch nicht pauschal und jeweils im nämlichen Ausmaß erfolgen kann.

Sicherlich kann auch bei den Bil- dungs- und Sozialausgaben gespart werden, bloß ist dabei besondere Vorsicht am Platze. Hier wird es sich zeigen, ob Androsch tatsächlich imstande ist, über den Schatten seiner Partei zu springen, beispielsweise die Gratisschulbuchaktion zu reformieren oder einen angemessenen Selbstbehalt bei der Krankenkasse einzuführen.

Der Vorsatz, den Finanzausgleich auf Kosten der Länder zugunsten des Bundes zu ändern, ist mehr als problematisch. Die Länder würden da gewissermaßen dafür bestraft, daß sie im allgemeinen besser als der Bund gewirtschaftet haben. Eine Sanierung des Bundes durch Zerrüttung der Landesfinanzen kann wohl kaum als produktive Lösung angesehen wer-

Der Abbau dessen, was publicitywirksam als „Steuerprivilegien” bezeichnet wird, würde gleichfalls prinzipiell richtig sein, wenn damit tatsächlich eine Vereinfachung unserer durch lauter Sonderbestimmungen und Ausnahmegenehmigungen hoffnungslos verfilzten Steuergesetzgebung angestrebt würde, und wenn durch gleichzeitige generelle Reduktion der Steuersätze untragbare Härten vermieden würden. Genau davon ist aber nicht die Rede.

Die Abschaffung der vorzeitigen Abschreibung für Kombiwagen und deren Halbierung für Lkw wird fiskalisch nicht viel bringen, aber möglicherweise auf die übermäßigen Kfz- Importe eine positive Auswirkung haben. Für diesen Zweck wichtiger sind die flankierenden Maßnahmen auf dem Kreditsektor (Beschränkung des Rahmens, Diskontsatzerhöhung), welche nicht zuletzt Kreditfinanzierung von Pkw-Käufen treffen soll. Überhaupt ist eine Beschneidung der in letzter Zeit ausufemden Konsumentenkredite überfällig. Die ^Verteuerung der Investitionskredite müßte aber, um inflationäre Wirkungen zu vermeiden, durch Kostenentlastungen anderswo, speziell durch Abschaffung der konjunkturwidrigen Investitionssteuer und durch Senkung der überhöhten Vermögenssteuer kompensiert werden.

Die generelle Transitsteuer für ausländische Lkw ist die falsche, weil rein fiskalische und nicht wirtschaftspolitische, Variante einer prinzipiell richtigen Maßnahme. Richtig wäre die Beschränkung derTransitsteuer auf Lkw aus Staaten, die eine solche auch von österreichischen Lkw einheben sowie generell eine Verzollung von mitgeführtem Treibstoff.

Doch auch für die richtigen Einzelmaßnahmen gilt, daß der gegenwärtige Zeitpunkt denkbar ungünstig ist. Sie wären besser während der Hochkonjunktur vor 1975 eingeführt worden. Aber damals war die Verschwendungseuphorie der Regierung leider nicht zu bremsen. Und unter dieser haben wir jetzt zu leiden.

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