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Standpunkt

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Vor Monaten noch war Bruno Kreisky der Meinung, daß kein Mensch so viel wert sei, wie der CA-Generaldirektor verdient. Jetzt ist offenbar selbst ein Mini­ster, der ihm als solcher nicht mehr tragbar erscheint, durch­aus diese Gage wert. Und ein kleines Aufgeld noch dazu: Um den Androsch-Einzug in die CA zu ermöglichen, werden in der Länderbank, die bislang mit vier Vorstandsdirektoren auskam, künftig sechs tätig sein, damit ein CA-Vorstand, der Androsch Platz machen muß, standesge­mäß unterkommt.

Aber im Moment sieht Bruno Kreisky sowieso alles anders. Beispielsweise die Funktion ei­nes Aufsichtsrates. Kein Skan­dal, keine Pleite, bei der der Kanzler - auf die Verantwor­

tung dafür angesprochen - nicht süffisant vermerkt hätte, daß man sich schließlich gut bezahlte Aufsichtsräte leiste, weil sie sich um die Kontrolle zu kümmern hätten („ganz zufällig wird der Name ja nicht zustandegekom- men sein, net?“). Ein Politiker könne schließlich nicht alles selbst machen.

Jetzt kann er plötzlich: So­wohl in der CA als auch in der Länderbank soll nach dem Wil­len und Versprechen des Kanz­lers die neue Vorstandsliste dem Aufsichtsrat nur mehr der Form halber zum Vollzug vorgelegt werden. Parteien und Verbän­den, die da nicht mitmachen wollen, werden kurzerhand be­zichtigt, eine politische Gift­brühe zu kochen.

Aufsichtsräte, die sich als sol­che verstehen und nicht den Be­schluß ihrer Parteigremien voll­ziehen wollen, müssen damit rechnen, bei der nächsten Gele­genheit - also im April - durch „zuverlässige“ Leute nach dem Schema ORF-Kuratorium er­setzt zu werden.

Der scheidende Generaldirek­tor, dem auch seine Feinde zubil­ligen, die CA zu einem Institut internationalen Zuschnitts ge­macht zu haben, und der - ob­wohl jünger als der Kanzler und sowohl geistig als auch körper­lich zumindest gleich frisch - in Wahrheit nur weichen muß, um dem - laut Kreisky - besten Fi­nanzminister aller Zeiten Platz zu machen, bekommt im Gegen­satz zu diesem statt Lorbeeren eine schlechte Nachred’: Vieles in der CA wäre nicht so gelau­fen, wie sich das der Kanzler vorgestellt hätte (bei seinen wirt­schaftlichen Vorstellungen kann man nur sagen, Gott sei Dank).

Was dem Kanzler an der Per­son des scheidenden Generaldi­rektors freilich weit mehr störte, war dessen standfeste Weige­rung, sich zu einem Vollzugsor­gan, für Ministerrats- oder SPÖ- Vorstandsbeschlüsse degradie­ren zu lassen.

Bruno Kreisky wurde gemein­sam mit Karamanlis zum euro­päischen Politiker des Jahres ge­wählt. So verständlich mir diese Wahl bei Karamanlis aus der Ferne ist, so unverständlich ist sie mir bei Bruno Kreisky nach seinen jüngsten Über- und Un­tergriffen aus der Nähe.

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