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6. Mai 1999

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141:39:3! Das ist das endgültige Ergebnis der Nationalratswahlen vom 6. Mai 1999, die zweifellos in die Geschichte der Zweiten Republik eingehen werden. Dies deshalb, weil die SPÖ nunmehr über die absolute Mehrheit aller Zeiten verfügt und es der ÖVP wieder gelungen ist, ins Hohe Haus einzuziehen.

Wie ist diese Entwicklung zu erklären? Politische Beobachter sind einhellig der Auffassung, daß der gigantische Wahlsieg der Sozialisten einzig und allein Bruno Kreisky zu verdanken ist, der in einem Wahleinsatz sondergleichen die Wähler mobilisieren konnte. In der Tat eine beachtliche

Leistung des alten Kanzlers, der seit nunmehr 29 Jahren an der Spitze der Bundesregierung steht. Er selbst kommentiert diesen Rekord brummig-trocken: ,JSchaun's, mein Vorgänger Franz Joseph hat's auf 68 Regierungsjahre gebracht. Da hob' inoa bisserl Zeit, ja?!“

Ein kühner Ausspruch eines 88jährigen, der aber sehr wohl weiß, warum er von Franz Josef spricht. Schließlich ist Kreiskys Beliebheit sprunghaft angestiegen, als er sich anläßlich des 70. Todestages des alten Kaisers im Jahre 1986 den Backenbart wachsen ließ, ohne den Kreisky heute gar nicht mehr vorstellbar wäre.

Auch sein bedächtiges „Es war sehr schön. Es hat mich sehr gefreut“, findet vor allem bei den jungen Österreichern großen Anklang, die nach den jüngsten Meinungsumfragen den Bundeskanzler für einen direkten Nachkommen des Kaiserhauses halten.

Auf diese Linie war auch der Wahlkampf der SPÖ abgestimmt. Die schwarz-gelben Plakate mit dem Porträt des Monarchen der Republik mit dem Slogan „Es war sehr schön. So soll es bleiben“, sowie die Parolen „Kreisky - mehr als ein Bundeskanzler“ oder „Kreisky - alt aber gut“ fanden das Gefallen der Wähler.

Zweifellos hat es Kreisky in all den Jahrzehnten seiner Regierungstätigkeit verstanden, die österreichische Seele zu begeistern. Man denke nur an sein 25jähriges Regierungsjubiläum im Jahre 1995, als sich der Festzug über die Wiener Ringstraße bewegte und die Stände - Gewerbe, Industrie, Handel, Verkehr und Fremdenverkehr - in geschmackvollen Kostümen nach Entwürfen von Prof. Udo Proksch dem Kanzler huldigten.

Besonders die Industrie tat sich hervor, die dem Industriellensohn aus Mähren den Stiftungsbrief der „Bruno-Kreisky-Stiflung“ übergaben, die in Zukunft jungen Industrieilen sozialistisches Gedankengut näherbringen wird.

Soweit der Hintergrund der Zunahme von 136 auf 141 Mandate. Der große Verlierer dieser Wahl ist die FPÖ, Die 5 Mandate an Kreisky und 3 an die ÖVP abgeben mußte. Daß die ÖVP wieder im Nationalrat vertreten ist, hat sie Erhard Busek zu verdanken, der den Wahlkampf ganz unter das Motto „ÖVP wieder ins Parlament“ stellte.

Busek, politisches Starlett der siebziger Jahre, konnte jene drei Sitze im Hohen Haus zurückerobern, die Josef Taus 1995 verloren hatte, obwohl er immer wieder Achtungserfolge bei TV-Diskussionen zu verzeichnen hatte.

Zum Beispiel, als er 1995 den übermüdeten Kanzler immer wieder nach seinem Budgetkonzept gefragt hatte, die Antowrt jedoch ausblieb, weil Kreisky eingenickt war. Gerade diese kleine menschliche Schwäche brachte Kreisky damals zigtausende Stimmen, Taus hingegen den Verlust der parlamentarischen Vertretung der ÖVP.

Busek verstand es besser. Der kulturbeflissene Politiker, der trotz seiner über zwanzigjährigen Tätigkeit in Wien immer noch Bücher liest, bat den Herrn Bundeskanzler im Rahmen der TV-Diskussion aus Musils „Der Mann ohne Eigenschaften“ vorzulesen und diskutierte anschließend die galoppierende Inflation am Beispiel der Kostenexplosion bei den Maßschuhen des Bundeskanzlers. Diese noble Taktik verhalf Busek zu den Stimmen jener Liberalen, die zuerst ein Stück des Weges mit Kreisky und anschließend mit Götz gegangen waren.

Auch bei Busek persönlich hat sich der elegante Wahlkampfstil gelohnt. Noch in der Wahlnacht revanchierte- sich der Langzeit-Kanzler vor surrender Kamera mit dem Angebot an Busek, ein Ministerium zu übernehmen: „Es handelt sich um das Bundesministerium ohne Eigenschaften, das ich schon lange schaffen wollte. Ich bin schließlich immer der Meinung gewesen, daß man politischen Talenten eine Chance geben muß. Im Sinne der politischen Chancengleichheit wäre es schließlich falsch, Politiker nur deshalb von der Regierungstätigkeit auszuschließen, weil sie bei der falschen Partei sind, ja?!“

Sprach's und zog sich unter Applaus in seine Amtsräume zurück, die sich seit seinem Regierungsjubiläum im Jahre 1995 im Kaisertrakt der Hofburg befinden.

Dieser Beitrag ist als satirische Kolumne zu verstehen. Die in den einzelnen Formulierungen zum Ausdruck gebrachte Meinung muß sich nicht mit jener der Redaktion dek-ken.

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