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Kreisky, Taus und Coca-Cola

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So heißt es in einem als SPÖ-Inserat veröffentlichten „Brief an Kreisky“: „Oft fragten mich nicht nur Geschäftsleute, sondern auch Beduinen, welcher Nationalität ich sei. Ich sagte .Österreicher (NamsawiY — der Beduine sagte ,Aha — Kreisky“, wissend lächelnd! Die Assoziation Österreich-Kreisky ist also schon bis in Beduinenzelte vorgedrungen, und solche ähnliche Reaktionen erlebte ich sehr off.

„Täglich melden sich bei uns viele Österreicherinnen und Österreicher, die öffentlich dafür eintreten, daß Dr. Kreisky Österreichs Bundeskanzler bleibt. Es ist nicht möglich, die Namen aller Mitglieder unserer Aktion auf einer Seite unterzubringen“, heißt es in einem Inseratentext der Aktion „Österreicher für Kreisky“. Was dann tatsächlich an Namen aufscheint, ist im wesentlichen ein Auszug aus früheren und ähnlichen Aktionen: einige höhere Beamte der Zentralsparkasse, Generaldirektoren (Kommerzialräte) von Unternehmungen, wo die höheren Funktionen vor allem von der Sozialistischen Partei vergeben werden;

Theaterdirektoren und Schauspieler; das übliche Aufgebot an Primarärzten von Gemeindekrankenhäusern; einige routinierte Werbeträger (Bawag-Werber Fritz Muliar; Kaffee-Werber Karl-Heinz Böhm, Waschmittel-Werber Dietmar Schön-herr usw.), Prominenz von gestern (Greta Keller, Johannes Fehring, Dorothea Neff, Marianne Schönauer usw.).

Auffallend viele Kabarettisten tummeln sich in der Aktion „Österreicher für Kreisky“: Felix Dvorak, Kurt Sobotka, Christine Schubert, Ossy Kollmann, Marika Lichter, Peter Hey — die Motive für die tiefe Bewunderung dieser Darsteller-Gruppe für Bruno Kreisky wäre es wert, von einem Psychologen untersucht zu werden. Aber auch auffallend viele Wissenschaftler und Künstler, die es früher — vielleicht auch noch immer — mit der Kommunistischen Partei hielten oder noch halten: das Schauspieler-Ehepaar Karl Paryla und Hortense Raky, die bis vor wenigen Jahren kein Fest der kommunistischen Tageszeitung „Volksstimme“ ausließen und deshalb auch heute von der KPÖ für sich reklamiert werden; der Maler Georg Eisler, die Soziologin' Köckeis-Stangl und schließlich zahlreiche Persönlichkeiten, die am 5. Oktober Kreisky weder wählen können noch werden: etwa der Steuer-Nomade Johannes Maria Simmel, der es schon im bundesdeutschen Wahlkampf 1972 öffentlich lebhaft bedauert hat, Willy Brandt nicht wählen zu können und der jüngst in einem Interview versichert hat, er werde, da er im Ausland weilt, für Bruno Kreisky am 5. Oktober brieflich die Stimme abgeben. Das Briefwahlgesetz hat aber just die Sozialistische Partei bislang verhindert. Oder Louise Martini, die durch Heirat bundesdeutsche Staatsbürgerin wurde und zwischen deutschen Fernsehstudios auch die längste Zeit des Jahres pendelt. Aber auch der bundesdeutsche Schauspieler Frank Hoffmann.

Die Wirkung von Prominenten-Aktionen für Politiker ist umstritten. Am ehesten noch ruft das öffentliche Eintreten eines Prominenten für eine Partei und ihre Funktionäre beim Wähler einen „Aha“-Effekt hervor. Darüber hinaus schaffen solche Aktionen Diskussionsstoff und Atmosphäre in jenen Zirkeln, wo sie selbst auftreten: im engen eigenen Kreis. Unter Malern 'diskutiert man beispielsweise den Kreisky-Einsatz von Wolfgang Hut-ter und meint, daß dies einfach berufliche Notwendigkeit gewesen sei. Unter Schauspielern mag man sich über das Ja-Wort von Alexander Trojan zu Bundeskanzler Kreisky wundern — und lächelt dann höchst amüsiert. Ob Parteien und Politiker tatsächlich aus solchen Aktionen großen Nutzen ziehen, ist umstritten, eher klar liegen dagegen die Nachteile bei den Prominenten, deren sporadischer Einsatz für Polit-Zwecke von jedenfalls der einen Hälfte ihrer Konsumenten nicht unbedingt toleriert wird.

Was für Bruno Kreisky sein Fritz Muliar, ist für Josef Taus sein Ernst Fuchs. Die Taus-Prominentenliste ist kürzer. Für Josef Taus wirbt auch nur ein Kabarettist: Alt-Star Maxi Böhm, ein Mann mit langen starken Bindungen zur Volkspartei; für Taus werben — wenn dieser Vergleich erlaubt ist — erstrangige Burgschauspieler (Paul Hör biger und Sonja Sutter), zum liberalen Lager zählende Wissenschaftler (der Rektor der Technischen Hochschule-Wien Fritz

Paschke); prominente Sportler (David Zwilling, Wolfgang Steinmayr) Nicht für Josef Taus wirbt For-mel-l-Weltmeister Niki Lauda, obwohl er mit dem dynamischen ÖVP-Obmann angeblich offen sympathisiert.

In Österreich ist — anders als in der Bundesrepublik Deutschland — der flffene Wechsel von Prominenten von einer zur anderen Partei unüblich. Deshalb müssen Leserbriefe („Die Presse“), wie der eines Professors Dr. Franz Plasil (Mitglied des Sekretariats der UNO i. R.) überraschen. Plasil schreibt: „Obwohl ich Mitglied' der Aktionen .Österreicher für Franz Jonas1 und .Österreicher für Rudolf Kirchschläger' war, habe ich Gründe, nicht für Dr. Bruno Kreisky einzutreten“. Dann zählt der Wechsel-Wähler das angebliche Sündenregister Kreiskys auf. Derlei offene Spontan-Übertritte in das andere Parteilager sind Ausnahmen von der Regel. >

Dies gilt jedenfalls für den offenen Partei-Wechsel. Im stillen, dafür bürgen Meinungsumfragen, vollzieht sich durchaus eine allmähliche Prominenten- und Wechselwähler-Bewegung. Dieser Wähler-Typus lebt vom Neuen und läßt das Neue leben.

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