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Politische Waschmittelwerbung

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Die erste Volksabstimmung in der Geschichte unserer Republik hätten wir mit flauem Gefühl im Magen über die Runden gebracht. Außer einem mitleidigen Lächeln in den internationalen Kommentaren und einem „Geisterreaktor“ in Zwen-tendorf hat sie uns auch je ein Komitee „Wissenschafter für Zwentendorf und „Künstler gegen Zwentendorf“ beschert.

Eindeutige Domäne für Persönlichkeitenkomitees war bis zur Volksabstimmung über Zwentendorf die Sozialistische Partei. Aber Umweltschutzbewegungen kennen keine Parteidisziplin und stellen ein nicht kalkulierbares Risiko dar. Altbürgermeister Felix Slavik könnte ein Lied davon singen. So zückten die „Künstler gegen Zwentendorf indirekt gegen die Sozialistische Partei den Stachel.

Die Wochen vor der Volksabstimmung boten daher ein schon bekanntes Bild: Aus Zeitungsinseraten und Plakatwänden sprangen ganze Listen von Namen ins Auge, die dem nicht interessierten Leser mitteilen wollten, warum sie für oder gegen Zwentendorf waren.

Aber was reizt eine Persönlichkeit, ihren Namen wie bei einer Seifenwerbung in Zeitungen und Plakaten zur Schau zu stellen?

Wenn Niki Lauda die Römerquelle anpreist, weiß man, daß er sich damit das Kleingeld verdient, „um sich ab und zu auch ein Glas Champagner leisten zu können“. Auch welche Firmenerzeugnisse unsere Wintersportler bevorzugen, ist ein offenes Geheimnis. Geld dient hier als Entschuldigung.

Oder stecken doch andere Motive dahinter?

Bei den beiden Wiener Theaterdirektoren Prof. Gustav Manker und Prof. Rolf Kutscher a, die sich für Bruno Marek als Wiener Bürgermeister und für Franz Jonas als Bundespräsident aussprachen, nicht aber für Bruno Kreisky als Bundeskanzler, waren sicher Abhängigkeit und Dankbarkeit die Motive.

Hingegen müßten die Aktivitäten des Chirurgen Prim. Dr. Hellmuth Denck, der für Jonas, Kreisky und Zwentendorf seinen Namen hergab, schon durch ein Ordinariat belohnt werden.

Der Kainz-Medaillen-Träger Fritz Muliar - sonst bei jeder Aktion „Künstler für...“ dabei -kneifte bei Zwentendorf. Gab es doch diesmal nur eine Aktion „Künstler gegen...“

Sehr schwer zu widerstehen war es auch, als 1975 „alle sozial und fortschrittlich denkenden Österreicher“ von einer „Aktion kritischer Wähler“ zur Namenshergabe für Bruno Kreisky aufgerufen wurden. Der Pariser ORF-Korrespondent Thomas Fuhrmann, der Psychiater Willibald Sluga und die Ex-CVer Rudolf Wimmer und Werner Vogt fühlten sich durch diesen Aufruf angesprochen.

„Kreisky soll Bundeskanzler bleiben!“ unterschrieb 1975 der

Generaldirektor-Stellvertreter der Tabakwerke-AG Dr. Lothar Kloimstein. 1978 ist Bruno Kreisky zur Gegenäußerung „Kloimstein soll Generaldirektor-Stellvertreter der Tabakwerke-AG bleiben“ nicht bereit. Mehr als ein „no na net“ können auch die Atomwissenschafter, die sich für Zwentendorf, und die Umweltbiologen, die sich dagegen aussprachen, nicht ernten. Arbeitsplatzsicherung in eigener Sache ...

Die Grenzen, wo die Glaubwürdigkeit in die Lächerlichkeit umschlägt, werden da leicht überschritten. Viele, die sich über ein Autogramm des „Schneckerl“

Prohaska am Weltspartag noch wirklich freuen, reagieren auf Listen von Namen, die sich für jeden und jedes einsetzen, sauer.

Die bürgerlichen Parteien kommen gar nicht in die Verlegenheit, die Waschmittelwerbung von Persönlichkeitenkomitees einschränken zu müssen, denn, abgesehen von lokalen Listen wie „Tiroler für Lugger“ oder „Steirisch wählen, Niederl wählen“, schlägt das Herz vieler Künstler nicht rechts. Die bürgerlichen Listen müßten sich mit einigen Universitätsprofessoren und Heimatdichtern begnügen. Da verzichten sie lieber. Ein Verzicht, der zur Weiterempfehlung geeignet ist.

Bruno Kreisky, aus dem Zwen-tendorf-Debakel mit „Generalvollmacht“ hervorgegangen, sollte in seinem Parteisekretariat dafür sorgen, daß der nächste Wahlkampf wieder mit Sachargumenten und Kandidaten zum Nationalrat geführt wird und nicht via Monako oder München mit Johannes Mario Simmel und Senta Berger. Oder man entschließt sich, eine Aktion gegen die Aktion für... in die Wege zu leiten.

Als politische Kolumne soll dieser Beitrag durch Provokation zum Denken anregen. Die einzelnen Formulierungen des Autors müssen sich nicht mit den Auffassungen der Redaktion decken.

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