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Die Taus-Geschädigten

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Jedenfalls drei Männer in der hohen Politik kennen derzeit nur ein Problem. Dieses Problem heißt Josef Taus und bereitet ihnen große und berechtigte Sorgen für ihre politische Zukunft: einer von den drei, FPÖ-Lanigzeit-Parteiobmann Friedrich Peter, hat als erster jede Beherrschung, die doch so routinierte Politiker eigentlich auszeichnen sollte, verloren. Wild hat er die ÖVP und ihren neuen Parteiobmann als „klerikal“ angegriffen. Einen „Liniks-katholiken“ nannte er Taus, „dem die Kommunisten von hinten lieber sind als die Freiheitlichen von vom“. Man sollte diesen rüden Ton nicht überbewerten; er kommt eben aus der Ecke eines Mannes, der im achtzehnten Jahr seiner Parteiobmannschaft die Felle davonschwimmen sieht.

Die beiden anderen, Wiens Bürgermeister Leopold Gratz und Finanzminister Androsch, griffen Josef Taus in der Form etwas vornehmer an. Der eine spricht weiterhin von „politischer Brandstiftung“, der andere gibt sich enttäuscht, daß Josef Taus nicht seriöse Wirtschaftspolitik betreibe. Beide bangen um die Chance, Bruno Kreisky als Parteivorsitzenden der Sozialistischen Partei zu beerben; denn beide sind „Kronprinzen“, und heute dürfte es in der SPÖ noch lange nicht ausgemacht sein, daß nur einer von den beiden gewinnen kann.

Ein vierter Aggressor, SP- Zentralsekretär Marsch, ist auch noch im Spiel, aber er spielt bloß eine Stellvertreter-Rolle. Er hat die „Schmutzarbeit“ für seinen im Ausland weilenden Parteichef zu erledigen: um jeden Preis anzugreifen, um die rund 70.000 SP-Funktionäre „in Trab“ zu bringen. Das funktionierte bislang nicht ganz so, wie es sich Bruno Kreisky vorgestellt hatte.

Als erster hat Bundeskanzler Kreisky die Taussche Absicht, nach dem 5. Oktober auf breiter Basis zusammenzuarbeiten, brüsk zurückgewiesen. Von einem, der damit schlechte Erfahrungen machte, Josef Klaus, muß Kreisky sich heute sagen lassen: „Da gibt es ja eine Parallelität, die die SPÖ eigentlich beängstigen müßte.“ Als zweiter Parteiführer lehnte FP-Peter jede Mitarbeit seiner Partei in einer „Konzentrationsregierung“ glattweg ab. Das kommt für einen in taktischen Belangen so erfahrenen Polit-Profi wie Friedrich Peter recht überraschend. Immerhin hat er sich damit von vornherein präjudiziell. Wenn man weiß, daß in der FPÖ die nachrückende Generation ganz anders als Peter denkt, gewinnt Peters voreilige Abwehr-Reaktion die Kontur das Justament-Standpunkts eines Mannes, der genau weiß, daß er um seine letzte Chance kämpft und dabei mit ansehen muß, wie die Gewinnmöglichkeiten von Tag zu Tag sinken. Die Verketzerung von Taus als „Linkskatholiken“ und „Klerikalen“ soll wenigstens das nationale Lager an die FPÖ binden; die Karrierebewußten, auf die die FPÖ so sehr setzt, dürften ohnedies abschwimmen. Das liegt in der Natur der Sache: leistungsbewußte Aufsteiger sehen offenbar in einem ehemaligen Bankdirektor ein besseres Vorbild als in einem Sonderschul-lehrer. Die Kritik am Bteamtenstaat bekam dienstfreigestellten Landesbeamten noch nie gut. Ob man deshalb gleich in Haßtiraden fallen muß, ist eine andere Sache. Die Aussichten auf eine blau-rote Koalition sind, und Friedrich Peter weiß das, geringer geworden. Damit könnte sich nach dem 5. Oktober aber auch das Schicksal eines glücklosen Parteiobmanns entschieden haben. Leopold Gratz darf in Abwesenheit von Bruno Kreisky Parteiobmann der SPÖ sein. Er muß Äußerungen des SP-Zentralsekretärs Marsch decken und damit schwindet auch schon der Flair des allzeit charmanten Polit-Gents. In der Kommunalpolitik von Pech, eigenem Desinteresse und den Fehlern anderer verfolgt, wirkt Leopold Gratz neben Josef Taus bereits politisch etwas verbraucht. Nichts ist erfolgreicher als Erfolge, und die liegen bei Gratz eben schon zwei Jahre zurück und sind auch nur durch das Zusammentreffen besonders günstiger Umstände erreicht worden. Als Kreiskys Kronprinz liegt Gratz aber noch immer besser als Hannes Androsch, doch längst nicht mehr so gut wie noch vor mehr als einem Jahr. Seine Parteifreunde halten ihn nach Bruno Kreisky für den gescheitesten Politiker in der SPÖ und beklagen dabei seinen Hang zum Dolcefamiente. Nun hat er versprochen, sich im Nationalratswahl-kampf voll einzusetzen, schon um die Chance auf den Parteivorsitz zu wahren.

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