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Kreiskys letzte Schuhe

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Bundeskanzler Kreisky setzt in einem beispiellosen Selbstbewußtseinsschub alles auf eine Karte und treibt die Österreicher mit harter Steuerrute zur Wahl. Die Wiener SPÖ heftet sich an seine Kittelfalte, FPÖ-Obmann Norbert Stegerauch: Das Jahr beginnt mit Spannung.

Tatsache ist: Alle Umfrageergebnisse auch jüngster Zeit signalisieren einen nahezu ungebrochenen Kreisky-Magnetismus, der allerdings mit einer kühlen Kalkulation, wer denn in Riesenkrisen über die beste Problemlösungsfähigkeit verfügt, kaum noch zu tun hat.

Je dunkler die wirtschaftspolitischen Gewitterwolken, um so mehr greift in Österreich Magiedenken um sich: Nicht hinschau- en, nicht nachdenken, den alten Zauberer werken lassen!

Sich über alle Sachproblematik hinweg einen solchen Ruf zu erwirtschaften, ist eine Leistung, die Respekt benötigt. Das Denkmal Kreisky zu zertrümmern, überfordert fast jede Opposition. Ihre Haupthoffnung bleibt vor allem der Zahn der Zeit.

Freilich: Wie sich einer beim Warten auf dessen Nagen in Szene setzt, läßt allemal noch Schlüsse auf politische Begabung zu. Der forsche FPÖ-Obmann Steger hatte nicht eben eine politische Gnadenstunde, als er verkündete, er würde auch einen um die absolute Mehrheit gebrachten Kanzler Kreisky parlamentarisch über Wasser halten.

Zweifellos/hat er das vor. Aber es vor der Wahl lauthals herauszusagen, mußte die eine Hälfte seiner Partei in Rage bringen, so wie eine Sympathiebekundung für einen Bundeskanzler Mock die andere Hälfte die Wände hochgetrieben hätte. Das ist nun einmal das nicht beneidenswerte Schicksal dritter Kräfte, daß sie halbe-halbe diametral auseinanderziehen.

Wer als Parteichef das vergißt, fällt auf die Nase. Man darf prophezeien, daß Norbert Steger auch am 14. April noch ein wenig auf dieser liegen wird..

Die Vorverlegung der Wiener Landtags- und Gemeindewahl hat ein neues Spannungselement in den Urnengang gebracht. Ganz ohne Frage hatten bisher viele vor, bei der Nationalratswahl Kreisky und sechs Monate später Busek oder gar nicht zu wählen.

Werden die es am selben Tag nun auch so halten? Wird Kreisky für Gratz zum Luftballon oder Gratz für Kreisky zum Mühlstein? Wird dem Kanzler gelingen, wozu dem sympathischen, aber kraftlosen Gratz die Energie fehlt: den Ideensprüher Busek einzubremsen? Oder wird Busek in Wien auch die Bundes-ÖVP beflügeln?

Am Wort sind die Wähler. Daß die regierende Partei ihnen sagen will, was sie erwartet, ehrt die SPÖ. Ebenso wichtig wäre freilich, zu erfahren, wer einmal in die Schuhe steigen soll, die Kreisky letztmals schnürt.

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